Düsseldorf. Von Lob bis Fundamentalkritik: Der Vorschlag einer Zwangsabgabe oder Anleihe für Reiche zur Bewältigung der Euro-Krise sorgt für viel Gesprächsstoff. Das Bundesfinanzministerium findet den Vorschlag interessant - jedoch nicht für Deutschland. Die SPD ist gespalten.

Mit dem Vorschlag einer Zwangsabgabe für Reiche zur Bewältigung der Schuldenkrise in Europa hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine politische Debatte losgetreten. Eine solche Abgabe könne eine interessante Option für manche Euro-Krisenstaaten sein, nicht aber für Deutschland, erklärte das Bundesfinanzministerium am Mittwoch. Bei der Opposition war das Echo gespalten.

Das DIW schlug vor, der Staat könne sich eine neue Finanzierungsquelle verschaffen, indem große Vermögen etwa durch eine einmalige Abgabe belastet würden, die dann sukzessive abgezahlt werde. Alternativ könne die Abgabe auch mit einer Zwangsanleihe kombiniert werden, indem die vermögenden Abgabepflichtigen Schulden der öffentlichen Hand übernehmen müssen.

Finanzministerium spricht über "solide finanzierten Haushalt"

Eine einmalige Vermögensabgabe und Zwangsanleihen in Höhe von zehn Prozent der privaten Vermögen über 250.000 Euro könnten Deutschland laut DIW ein Aufkommen von etwa 230 Milliarden Euro bringen. Betroffen wären die reichsten acht Prozent der Bevölkerung. Vermutlich ließen sich auch in den europäischen Krisenländern erhebliche Einnahmen erzielen. "Die Belastung der großen Privatvermögen könnte die Staatsfinanzen in Europa stabilisieren", erklärte DIW-Experte Stefan Bach.

Der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, sagte in Berlin, interessant könne die Zwangsabgabe für jene Staaten sein, in denen ein "besonders schwieriges Verhältnis" zwischen dem Steueraufkommen und dem Privatvermögen bestehe. Deutschland verfüge hingegen über einen "solide finanzierten Haushalt" und müsse deshalb nicht über die "klassischen Methoden" der Steuererhebung hinausgehen.

Ein Drittel der Deutschen befürwortet Vermögensabgabe

Bei Wirtschaftspolitikern von Union und FDP stieß der DIW-Vorschlag allerdings auf Ablehnung. Das DIW habe "ganz tief in die rote Mottenkiste gegriffen", kritisierte FDP-Fraktionsvize Volker Wissing. Wenn das Institut glaube, dass "Zwangsanleihen später getilgt, in Vermögensabgaben oder in andere Reichensteuern überführt werden könnten", laufe dies letztlich auf Enteignung hinaus.

Die SPD zeigte sich uneins über den Vorschlag. "Bei Anleihen und Abgaben muss man sehr sorgfältig prüfen, ob sie überhaupt verfassungsrechtlich möglich sind", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der Tageszeitung "Welt" (Donnerstagsausgabe). Die von seiner Partei vorgeschlagene Vermögensteuer sei indes "verfassungsrechtlich sauber". Dagegen sagte der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner der Zeitung: "Der Charme an einer Zwangsanleihe liegt darin, dass sie nur Leute betrifft, die es sich leisten können."

Gut ein Drittel der Bundesbürger sieht in einer Vermögensabgabe einen Ausweg aus der Finanzkrise. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Wochenzeitung "Die Zeit" gaben 37 Prozent der Befragten an, sie hielten eine europaweite einmalige Abgabe auf Privatvermögen für sinnvoll, um Staaten und Banken schnell zu entschulden. Den größten Rückhalt hat diese Idee mit 47 Prozent Zustimmung in der oberen Mittelschicht, die über überdurchschnittlich hohe Einkommen verfügt, wie die Wochenzeitung am Mittwoch vorab berichtete.

Trittin ist skeptisch 

Skepsis gab es bei den Grünen. Fraktionschef Jürgen Trittin sagte der "Rheinischen Post", er halte eine "befristete und zweckgebundene Abgabe auf Vermögen über eine Million Euro" für sinnvoller. "Warum sollte sich der Staat das Geld bei Vermögenden leihen, also neue Schulden machen?"

Von einer "guten Idee" sprach hingegen die Linke. Die reichsten acht Prozent der Bevölkerung könnten einbezogen werden, statt über Sozialabbau und Kürzungsprogramme die Unschuldigen zu bestrafen, erklärte Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn.

Gerade für Krisenländer wie Griechenland, Italien oder Spanien stellte das DIW ein solches Modell jedoch als hilfreich heraus. Laut der Studie sollte neben Geldvermögen auch auf Immobilien zurückgegriffen werden können. Für die überschuldeten Länder sei zwar "eine konkrete Schätzung des Aufkommens mangels Daten nur schwer möglich". Statistiken zeigten aber, dass dort beträchtliche Privatvermögen vorhanden seien, die die Staatsschulden deutlich überstiegen. (dapd/afp)