Essen. . Fahnder aus NRW haben den Kauf gestohlener Daten einer Schweizer Großbank eingefädelt. Schweizer Behörden vermuten Beihilfe zur Wirtschaftsspionage. Im Steuerkrimi wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.
Zeugenaussagen, E-Mails, SMS und Handy-Verbindungen, die der Schweizer Bundesanwaltschaft vorliegen, belasten den nordrhein-westfälischen Top-Steuerfahnder Peter Beckhoff und seine Kollegen Peter R. und Gerhard W. Berner Bundesanwälte werfen ihnen Beihilfe („Gehilfenschaft“) zur Wirtschaftsspionage vor.
Die Fahnder hatten zwischen 2008 und 2010 den Ankauf gestohlener Daten der Zürcher Großbank Credit Suisse durch die Landesregierung eingefädelt. Der Fall ist der bisher spektakulärste Vorgang in der seit Jahren anhaltenden deutsch-schweizerischen Auseinandersetzung um Daten von Steuerhinterziehern. Durch den Kauf wurden 1200 deutsche Steuersünder überführt, die insgesamt 400 Millionen Euro zurückzahlen mussten. Das belastende Material gegen die Steuerfahnder liegt der WAZ vor.
Waren auch prominente Fußballerin den Fall verwickelt?
Die Schweiz begründet die Beschuldigung der Beihilfe zur Wirtschaftsspionage und die seit März bestehenden Haftbefehle gegen die drei mit dem Vorwurf, dass sie weit über einen einfachen – und damit rechtmäßigen – Ankauf der Daten-CD hinausgegangen seien. „Es besteht der Verdacht, dass sich …R., W. und Beckhoff …strafbar gemacht haben, indem sie aktiv ergänzende Informationen zu den Bankkundendaten aus der Schweiz verlangten“.
Der frühere Landesfinanzminister Helmut Linssen (CDU) hatte im Februar 2010 erklärt, NRW seien Steuersünder-Daten angeboten worden, die man kaufen werde. Tatsächlich aber sollen die nordrhein-westfälischen Steuerfahnder aber über einen Zeitraum von zwei Jahren um den genauen Umfang der Lieferung gefeilscht haben. Das belegen besonders zwei Treffen mit dem österreichischen Datenhändler Wolfgang Umfogl, der sich später in der Haft in Bern erhängt hat. Umfogl, der die Daten von dem Zürcher Bankangestellten Sina L. erhielt, verkehrte mit den Steuerfahndern unter Pseudonym und nannte sich M. Weber.
Das erste Treffen fand am 24. Juni 2008 in Düsseldorf statt. Sina L. hat im Verhör nach Vorhalt einer beschlagnahmten SMS durch die Polizei erklärt, dass Umfogl an diesem Tag „weitere Daten gewünscht“ habe.
Interne Verhaltensvorschriften der Credit Suisse "bestellt"
Das zweite Treffen war am 28. Mai 2009 in Stuttgart. Hier sollen die Steuerfahnder nicht nur interne Verhaltensvorschriften der Credit Suisse „bestellt“ und einen Monat später in Form von Powerpoint-Präsentationen bekommen haben. Sie verlangten wohl auch die beim ersten Angebot von Umfogl fehlenden Kontoeröffnungsdaten.
Eröffnungsdaten sind nicht nur entscheidend, um die genaue Höhe der Hinterziehung zu taxieren. Nur durch sie können deutsche Finanzämter sicherstellen, dass nicht zufällig ein Bevollmächtigter des Steuersünders ins Visier der Fahnder gerät, der steuerrechtlich gar nicht zu belangen ist. Auch diese Angaben wurden von Sina L. via Umfogl an das Land NRW geliefert. Dabei waren laut sichergestellter SMS die „Eintrittsdaten der Typen der Paninibilder“ – was auf eine mögliche Steuerhinterziehung von prominenten Fußballspielern hindeutet.
Geld für den Ankauf der Steuer-CD ist "Deliktsgeld"
Die deutschen Behörden verweigern es bisher, gegen die Steuerfahnder zu ermitteln. Ein Versuch, die Haftbefehle auf diplomatischem Weg auszuräumen, ist aber auch gescheitert. Die Situation wird dadurch verkompliziert, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft – bisher vergeblich – die 2,5 Millionen Euro „Lohn“ des Landes NRW beschlagnahmen will, weil es sich um „Deliktsgeld“ handele. Ein Teil dieser Summe liegt auf einem Konto bei der Sparkasse Hochrhein im baden-württembergischen Waldshut und ist für die Schweizer unzugänglich.