Düsseldorf. . Der neue NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hofft auf eine Zukunftfür das Bochumer Opel-Werk und sorgt sich wegen hoher Energiepreise. Im ersten Interview als NRW-Minister spricht er über Opel, hohe Energiepreise und sein industriepolitisches Leitbild.

Garrelt Duin (44) ist im Umzugsstress. Der neue NRW-Wirtschaftsminister aus Ostfriesland siedelt in diesen Tagen mit seiner Familie nach Essen um, außerdem wird in Düsseldorf eine Bleibe für sein neu zugeschnittenes Ministerium gesucht. Dennoch nahm sich der SPD-Politiker Zeit, um im ersten Zeitungsinterview seiner Amtszeit über Opel, hohe Energiepreise und sein industriepolitisches Leitbild zu sprechen.

Welche Perspektive hat das Bochumer Opel-Werk?

Garrelt Duin: Ich habe die Hoffnung, dass Opel eine Modellpolitik entwickelt, die den Standort Bochum langfristig miteinbezieht. Es wäre betriebswirtschaftlicher Unsinn, ein Werk mit solchen Potenzialen einfach aufzugeben.

Ende 2016 läuft die Produktion des Familienwagens Zafira in Bochum aus, und ohne neues Modell hat das Werk keine Zukunft.

Duin: Resignation ist ein schlechter Ratgeber. Chevrolet-Modelle in Bochum zu fertigen, wäre eine Option, die das Management ernsthaft verfolgen sollte.

Solidarität mit Opel in Bochum

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    Beste Voraussetzungen hätte das Werk auch für die Produktion von Elektrofahrzeugen. Das sind nur zwei von vielen denkbaren Möglichkeiten.

    Solidaritätsbekundungen dürften kaum ausreichen. Wo kann und will die Landesregierung helfen?

    Duin: Wir unterstützen die Mitarbeiter mit guten Argumenten, die wir in vielen Gesprächen mit den Verantwortlichen immer wieder anbringen. Aber ich sage auch: Es gibt keine Möglichkeit, ein Gesetz zur Rettung eines Unternehmens zu verabschieden. Wir können auch kein Geld auf den Tisch legen, um Standortentscheidungen eines Konzerns zu beeinflussen.

    Warum ist direkte staatliche Hilfe nicht denkbar?

    Duin: Wo würde es enden, wenn eine Landesregierung anfängt, strategische Entscheidungen von Unternehmen mit Steuergeld zu lenken? Wir können für gute Rahmenbedingungen sorgen und haben dabei den gesamten Automobil-Standort im Blick.

    Ist eine Zukunft für Bochum mit Elektroautos realistisch, wenn das Land nicht mit Steuergeld hilft?

    Duin: Richtig ist: Elektromobilität bietet einen Zukunftsmarkt, der bislang viel zu zögerlich in Angriff genommen wird. Es kommt aber darauf an, das wenige Geld, was der öffentlichen Hand zur Verfügung steht, möglichst effektiv einzusetzen. Die Förderung von Forschung und Entwicklung moderner Batterien für Elektrofahrzeuge ist zum Beispiel deutlich sinnvoller als staatlich subventionierte Rabatte beim Autokauf.

    Verschwindet Opel, droht auch die industrielle Wertschöpfungskette zu reißen. Ist das der Anfang einer schleichenden De-Industrialisierung in NRW?

    Duin: Wir müssen wieder ein positives Bewusstsein für die Industrie wecken. Ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung entsteht durch industrielle Produktion. Gerade Volkswirtschaften mit einer starken Industrie sind erfolgreich durch die Finanzkrise gekommen. Es geht um unseren Wohlstand. Wenn wir diese Botschaft wieder deutlicher zu Gehör bringen, wird auch die Akzeptanz für industrielle Großprojekte steigen.

    Angesichts der hohen Energiepreise gibt es große Sorgen, dass das Stahlwerk von Thyssen-Krupp in Bochum in wenigen Jahren schließen muss.

    Duin: Wir nehmen diese Sorgen sehr ernst. Energie muss am Standort NRW sicher und bezahlbar bleiben. Wir wollen Schrittmacher und Impulsgeber auf Bundesebene sein, damit energieintensive Unternehmen auch künftig international wettbewerbsfähig bleiben. Wir werden in Berlin und Brüssel dafür kämpfen, dass notwendige Entlastungen gewährt werden können.

    Es gibt auch Menschen, die sagen, die Politik kümmert sich zu viel um die Großen und zu wenig um den Mittelstand. Haben sie recht?

    Duin: Wer sich für Opel einsetzt, betreibt aktiv Mittelstandspolitik. Gerade unter den Zulieferbetrieben befinden sich viele mittelständische Familienunternehmen. Es gibt hier keinen Konflikt, ebenso wenig wie zwischen vermeintlich alten und neuen Arbeitsplätzen.

    Ich habe gehört, dass sich hier nicht einmal Ur-Bochumer wie die Grönemeyer-Brüder auf eine Linie einigen können: Der eine sagt „Opel ist Bochum und Bochum ist Opel“, der andere findet das zu eindimensional und setzt auf die Gesundheitswirtschaft. Ich sage: Wir müssen solche künstlichen Gegensätze überwinden.