Luxemburg. 860 Millionen Euro Bußgeld muss der Softwarehersteller Microsoft zahlen. Der Europäische Gerichtshof hat die von der EU-Kommission verhängte Strafe weitgehend bestätigt, die Strafe wurde lediglich geringfügig verringert. Für Microsoft gilt das Urteil als schwere Schlappe.

Für Microsoft ist es eine herbe Schlappe, für die EU-Kommission ein prestigeträchtiger Triumph: Das von Brüssel verhängte Rekordbußgeld gegen den US-Konzern ist im Wesentlichen als rechtens bestätigt worden. In seinem mit Spannung erwarteten Urteil vom Mittwoch bewertete der Europäische Gerichtshof (EuGH) die im Februar 2008 festgelegte Strafe lediglich als etwas zu hoch und setzte das Zwangsgeld von 899 Millionen auf 860 Millionen Euro herab (Rechtssache T 167/08). Damit folgten die Luxemburger Richter weitgehend der Kommissionsentscheidung und wiesen "alle Argumente zurück, die Microsoft für deren Nichtigerklärung anführt".

Das Unternehmen reagierte enttäuscht: "Auch wenn das Gericht die Strafe leicht reduziert hat, sind wir mit dem Urteil nicht zufrieden", sagte ein Sprecher. Microsoft sei der Kommission in den vergangenen Jahren mehrfach entgegengekommen. Schon in einer früheren Stellungnahme hatte der Konzern erklärt, die Strafe beziehe sich auf längst gelöste "Probleme der Vergangenheit".

EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hingegen zeigte sich trotz des abgesenkten Bußgelds zufrieden mit dem Richterspruch. "Das Urteil bestätigt, dass Microsoft der Kommissionsentscheidung nicht gefolgt ist und die von uns verhängte Strafe gerechtfertigt war." Die Auflagen für die Software-Firma hätten Verbrauchern große Vorteile gebracht, da einige innovative Produkte sonst niemals auf den Markt gekommen wären, sagte Almunia.

Für Microsoft endet ein langjähriger Rechtsstreit

Die Brüsseler Kartellwächter hatten das Bußgeld seinerzeit damit begründet, dass Microsoft für die Bereitstellung technischer Angaben über sein Betriebssystem Windows jahrelang überhöhte Preise von Konkurrenten verlangt und damit gegen Auflagen der Kommission verstoßen habe. Die Weitergabe der Daten sollte Branchenrivalen die Entwicklung eigener Server-Software ermöglichen, die mit dem auf den allermeisten Computern installierten Microsoft-Betriebssystem kompatibel ist.

Der Streit zwischen der Kommission und Microsoft zieht sich bereits über mehrere Jahre. Schon im März 2004 hatte die Behörde ein Bußgeld von 497 Millionen Euro gegen den Konzern verhängt und ihm auferlegt, technische Angaben zu Windows mit anderen Unternehmen und Programmierern zu teilen. Nachdem das Unternehmen dieser Forderung nach längerem Streit und einem weiteren Bußgeld von 281 Millionen Euro nachgekommen war, erklärte die Kommission im März 2007, der Konzern verlange für die Bereitstellung der sogenannten Interoperabilitäts-Informationen überhöhte Preise. Microsoft senkte die Gebühren aber erst im Oktober, nachdem der EuGH die Kommissionsentscheidung von 2004 im Vormonat bestätigt hatte.

Nur Intel wurde zu noch höherer Strafe verdonnert als Microsoft

Die Kommission attestierte dem Konzern daraufhin zwar, nunmehr alle ihre im März 2004 erlassenen Wettbewerbsauflagen zu erfüllen. Allerdings habe Microsoft seitdem "drei Jahre illegales Verhalten" an den Tag gelegt, weshalb das Rekordbußgeld "angemessen und notwendig" gewesen sei. Theoretisch hätte die Kommission nach eigenen Angaben sogar eine Strafe von 1,5 Milliarden Euro verhängen können. Dass das Bußgeld nun geringfügig gesenkt wurde, begründete der EuGH damit, dass die Kommission Microsoft das Recht eingeräumt hatte, den Vertrieb von "Open Source"-Produkten bis zum EuGH-Urteil im September 2007 zu beschränken.

Immerhin stellten die 899 Millionen Euro auch so die höchste Strafe dar, die von den EU-Kartellwächtern bis dahin gegen ein einzelnes Unternehmen erlassen worden war. Die seit März 2004 gegen Microsoft verhängten Geldbußen addierten sich sogar zu einem Betrag von rund 1,68 Milliarden Euro. Später wurde der Rekord dann von einem weiteren US-Konzern übertroffen: Intel bekam im Mai 2009 aus Brüssel eine Rechnung von 1,06 Milliarden Euro wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung präsentiert. Die Klage von Intel gegen diese Entscheidung wird nächste Woche vor dem Gericht mündlich verhandelt.

Für Microsoft war das EuGH-Urteil indes nicht die einzige schlechte Nachricht des Tages: Auf den Sitz des Konzerns in Athen wurde am Mittwochmorgen ein Anschlag verübt. Die Attentäter steuerten einen Kleinbus durch die Eingangstür und setzten das Fahrzeug danach in Brand. Verletzt wurde niemand, wie die Polizei mitteilte. Eine Warnung sei dem Anschlag nicht vorausgegangen. Zu der Tat im Vorort Maroussi bekannte sich zunächst niemand. (dapd)