Berlin. . Weil der Bundestag aus ihrer Sicht kritiklos ein Euro-Rettungspaket nach dem nächsten durchwinkt, formiert sich eine außerparlamentarische Opposition. Sie fordert eine strengere Geldpolitik – und fürchtet sich vor dem Staatsbankrott.

Karl-Heinz Däke schaut den Finanzpolitikern schon seit langem auf die Finger. Wo immer der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Verschwendung von öffentlichen Geldern wittert, prangert er den laxen Umgang mit dem Geld der Bürger an. Derzeit schlägt sich Däke mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) herum, der als dauerhafter Rettungsschirm für finanziell klamme Euroländer installiert werden soll. „Stoppt das Geldverbrennen“, fordert Däke, der darin eine deutsche Haftung für fremde Schulden sieht. Gemeinsam mit anderen Euro-Skeptikern kämpft sein Verband derzeit um die Stimmen der Bundestagsabgeordneten. Die Parlamentarier sollen den ESM möglichst noch in diesem Monat beschließen.

Däke steht mit seinen Bedenken gegen die immer teureren Rettungsaktionen für andere Länder nicht allein. Gleich mehrere Initiativen machen Front gegen den Einsatz gewaltiger Summen zur Rettung der Gemeinschaftswährung. Außen vor dem Bundestag hat sich eine neue außerparlamentarische Opposition gebildet. Diese „neue Apo“ zieht gegen das Krisenmanagement der Regierungen zu Felde. Denn im Bundestag selbst wird ihrer Ansicht nach kritiklos Rettungspaket für Rettungspaket durchgewunken. Bis auf ein paar abtrünnige Abgeordnete um den FDP-Politiker Frank Schäffler halten sich die Parlamentarier an den von der Fraktionsführung vorgegebenen Kurs, der eine Euro-Rettung um jeden Preis vorsieht.

Auch prominente Streiter

Ein Teil der Kritiker sammelt sich im Bündnis Bürgerwille, für das der Hamburger Volkswirtschaftsprofessor Bernd Lucke spricht. „Der ESM wird zu einem großen Crash führen“, ist der Wissenschaftler überzeugt. Immerhin 300 Kollegen konnte er auf seine Seite ziehen. Vereinzelt mischen auch Prominente bei der neuen Apo mit. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, teilt etwa die Ziele des Bündnisses. An erster Stelle steht die Ablehnung des ESM durch den Bundestag. 14 000 Unterschriften sind dafür bisher zusammengekommen.

Für seine „Bogenberger Erklärung“ konnte Sinn eine stattliche Anzahl bekannter Mitstreiter finden, die am Erfolg der Gemeinschaftswährung zweifeln und eine deutsche Haftung für die Schulden anderer Länder befürchten. Unternehmensberater Roland Berger hat die Erklärung ebenso unterzeichnet wie Metro-Chef Eckard Cordes, Drogerieketten-Betreiber Dirk Roßmann oder der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt.

Und noch ein weiterer alter Bekannter hat sich mit an die Spitze der Protestbewegung gesetzt. Hans-Olaf Henkel, der einst dem mächtigen Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vorstand, hat sich mit den Freien Wählern in Bayern zusammengetan. Henkel plädiert für eine geteilte Währungsunion, die einen Euro für die finanziell stabilen Staaten im Norden und einen für die labilen Länder im Süden Europas vorsieht.

Bislang nur wenig Rückendeckung

Die Initiative, die bei der letzten bayerischen Landtagswahl 10,2 Prozent der Stimmen erhielt, will nun mit der Ablehnung der Währungspolitik auch bundesweit antreten. Mit Protestwählern soll der Einzug in den Bundestag gelingen. Derzeit läuft eine Bundestagspetition der Freien Wähler gegen den ESM. Gewaltig ist die Resonanz darauf bisher nicht. Gerade einmal 6156 Unterschriften kamen dafür bis zum gestern Nachmittag zusammen.

Verknüpft sind die einzelnen Protestgruppen mit Initiativen wie „Mehr Demokratie“ oder „Zivile Koalition“. Im Boot sitzen auch die deutschen Familienunternehmen. In einer Berliner Erklärung beklagen sie die hohen Haftungsrisiken, die für Deutschland mit dem ESM verbunden sind. Auch bezweifeln die Unternehmer, dass die Gemeinschaftswährung tatsächlich wirtschaftlich so erfolgreich ist, wie es viele Experten behaupten. Die Masse der Wähler erreichen sie jedoch ähnlich wie die erste Apo in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts nicht. Gerade einmal 1000 Demonstranten fanden sich Anfang Juni zu einer Kundgebung in München ein.