Madrid/Brüssel. Die Bundesregierung hat die Entscheidung Spaniens begrüßt, zur Rettung seiner angeschlagenen Banken Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm zu beantragen. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler sprach am Sonntag in Berlin von einem “richtigen und notwendigen Schritt“.

Das europäische Sorgenkind Spanien will zur Sanierung seiner maroden Banken ein Rettungspaket "light" beantragen. Im Gegensatz zu Griechenland, Irland und Portugal, die bereits unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft sind, muss die Regierung in Madrid dafür keine zusätzlichen Sparprogramme auflegen. Die genaue Summe des Deals steht noch nicht fest. Die Euroländer sagten jedoch bis zu 100 Milliarden Euro zu. Der Internationale Währungsfonds (IWF) reagierte erleichtert auf die Ankündigung Spaniens. Die geschäftsführende IWF-Direktorin Christine Lagarde sagte, der Plan decke sich mit den Empfehlungen des Fonds.

Die Regierung in Madrid verkündete am Samstagabend nach hartem Ringen mit der Eurogruppe, sie werde Hilfe für die von einer geplatzten Immobilienblase angeschlagenen Banken beantragen und dafür auch gerade stehen. Wirtschaftsminister Luis de Guindos nannte vor Journalisten keine konkrete Summe. Den genauen Betrag werde die Regierung nach einer unabhängigen Prüfung des Bankensektors angeben, deren Ergebnis spätestens am 21. Juni vorliegen werde, erklärte er. Es solle genug Geld für die Rekapitalisierung der Banken plus ein Sicherheitspuffer in beträchtlicher Höhe beantragt werden. Der IWF hatte die Lücke am Freitag auf mindestens 40 Milliarden Euro beziffert. Die Eurogruppe hatte nach stundenlangen telefonischen Beratungen zuvor bereits bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt.

Geld laut Schäuble nicht für Banken, sondern Spanien

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte wie seine Kollegen "die Entschlossenheit" der Regierung, das Bankenproblem mithilfe der Euroschirme zu lösen. Zugleich betonte er, nicht die Banken, sondern Spanien bekomme das Geld. Damit hafte Madrid für die Milliardenhilfen und habe zugleich die Aufsicht über die Banken. Schäuble will erreichen, dass die Hilfe aus dem ESM kommt, und nicht aus dem EFSF. Das wäre "noch besser, weil der ESM effizienter ist", erklärte er. Und deswegen sei eine rasche Ratifizierung notwendig. Im EFSF sind derzeit noch 250 Milliarden Euro verfügbar, der ESM hat noch 250 Milliarden Euro zusätzlich.

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler sprach am Sonntag in Berlin von einem "richtigen und notwendigen Schritt" Spaniens. Er gehe davon aus, dass dies "wesentlich dazu beitragen wird, Transparenz zu schaffen und das Vertrauen an den Finanzmärkten zu stabilisieren".

Auch die EU-Kommission äußerte sich über die spanische Ankündigung zum Griff nach dem Rettungsschirm und die Hilfszusage der Eurogruppe erleichtert. Brüssel stehe bereit, nun rasch vor Ort die Bedingungen für den Finanzsektor auszuhandeln, teilten Kommissionschef José Manuel Barroso und Währungskommissar Olli Rehn mit. Lagarde erklärte, der Weltwährungsfonds stehe bereit, "um die Umsetzung und Überwachung dieser finanziellen Hilfe durch regelmäßige Berichterstattung zu unterstützen".

Auch US-Finanzminister Timothy Geithner begrüßte die spanische Entscheidung und die Hilfe der Euroländer. Diese seien willkommene Maßnahmen in Richtung einer Eindämmung der europäischen Schuldenkrise. US-Präsident Barack Obama hatte bereits am Freitag aus Sorge über ein Übergreifen auf die USA eine Lösung der Krise angemahnt. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici sagte, der Deal trage dazu bei, das Vertrauen in der Eurozone wiederherzustellen. "Die heute Abend verkündete Einigung zeigt die verstärkte Solidarität unter den Euroländern und deren entschiedenen Wunsch, die Stabilität in der Eurozone zu gewährleisten", erklärte er.

Spanische Kreditwürdigkeit angekratzt

Mehrere Nordländer wollten Madrid zu weiteren Reformen zwingen, was De Guindos aber erfolgreich abwehren konnte. Die Bedingungen blieben auf den Finanzsektor beschränkt, heißt es in der Erklärung der Eurogruppe.

Die Euroländer - allen voran Deutschland - hatten Spanien zum Griff zum Eurotropf gedrängt. Dort sind viele Geldhäuser nach dem Platzen der Immobilienblase mit faulen Krediten vollgesogen. Wegen der Unsicherheit ist die Kreditwürdigkeit des Staates angekratzt, das Land muss bedrohlich hohe Zinsen zahlen. Die Euroländer wollten Madrid noch vor der Griechenland-Wahl am nächsten Sonntag abschirmen, wenn sich die Krise bei einem Sieg der radikalen Kräfte verschlimmern könnte.

Analysten bewerteten die Entwicklung vorsichtig positiv. Jacob Kirkegaard vom Peterson Institute for International Economics in Washington erklärte, die Märkte hätten von der spanischen Regierung vor allem gewollt, dass sie die desaströse Lage des Bankensektors eingestehe. Rafael Pampillon von der IE Business School in Madrid sagte, die "Ungewissheit und daraus resultierende Panik wird langsam aus den Märkten verschwinden". Eswar Prasad von der Brookings Institution erklärte, die Entscheidung verschaffe der Eurozone zumindest vorläufig Luft. (dapd)