Berlin. Mehrere große gesetzliche Krankenkassen haben deutlich mehr Rücklagen als erlaubt. Das Bundesversicherungsamt drängt die Kassen dazu, diese Überschüsse an die Versicherten auszuzahlen, in Form von Prämien. Auch die Politik unterstützt diese Forderung.
Das Bundesversicherungsamt drängt mehrere große gesetzliche Krankenkassen aufgrund saftiger Überschüsse zur Auszahlung von Prämien an ihre Versicherten. Behördenchef Maximilian Gaßner habe die Techniker Krankenkasse (TK), die Hanseatische Krankenkasse und die IKK Gesund plus angeschrieben, bestätigte ein Sprecher am Donnerstag in Bonn.
Laut Gesetz darf die Rücklage einer Kasse die Höhe einer Monatsausgabe nicht überschreiten. Hinzu kommt eine "Betriebsmittelreserve", die nicht mehr als eine halbe Monatsausgabe betragen soll. Bei allen drei Versicherern lägen die Rücklagen deutlich über den eineinhalb Monatsausgaben, sagte der BVA-Sprecher. In dem Brief verlangt Gaßner bis zum 8. Juni Auskunft darüber, ob die drei Kassen Prämienausschüttungen beabsichtigten. Wenn nicht, müssten sie dies begründen.
Langfristige Stabilität statt Prämienauszahlungen
Selbst unter Berücksichtigung großzügiger Spielräume sei bei allen drei Kassen die Maximalreserve deutlich überschritten, sagte Gaßner der "Süddeutschen Zeitung" von Freitag laut Vorabbericht. Schütteten sie keine Prämien aus, müssten sie gute Gründe darlegen. "Andernfalls werden wir ein aufsichtsrechtliches Verfahren einleiten", betonte er. Dieses kann bis zu einer Verpflichtung zur Prämienzahlung reichen.
Nach Angaben einer Sprecherin hat die TK noch nicht entschieden, ob sie den Versicherten Geld zurückzahlen wird. Der Brief des BVA werde nun Thema in den Selbstverwaltungsgremien sein. Bislang sei stets entschieden worden, im Sinne der Versicherten lieber auf langfristige Stabilität zu setzen. So habe die TK in Aussicht gestellt, bis einschließlich 2014 ohne Zusatzbeiträge auszukommen.
Laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" kommt die Techniker Krankenkasse Ende des Jahres auf Rücklagen von drei Milliarden Euro. Dies seien 800 Millionen Euro zu viel. Verteile sie diesen Überschuss auf 5,7 Millionen Mitglieder, bekäme jeder Versicherte 40 Euro erstattet.
Druck aus der Politik
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, haben mehr als 30 Kassen zum Teil sehr hohe Finanzreserven angesammelt und nicht nur die drei vom BVA angeschriebenen. Dazu zählten auch die AOK Nordwest und AOK Plus. Für diese Kassen sei jedoch nicht das BVA die Aufsicht, sondern das jeweilige Bundesland - in dem Falle Nordrhein-Westfalen und Sachsen.
Gesundheitsminister Daniel Bahr und andere Vertreter der Koalition hatten Kassen mit hohen Rücklagen wiederholt aufgefordert, von Prämienausschüttungen Gebrauch zu machen. Bahr hatte den Kassen gar mit Zwangsmaßnahmen gedroht.
Hintergrund sind die Reserven im Gesundheitswesen von fast 20 Milliarden Euro als Folge der guten konjunkturellen Entwicklung und der 2010 verabschiedeten Spargesetze. Rund zehn Milliarden Euro haben sich bei den Krankenkassen selbst angesammelt. 9,5 Milliarden Euro sind es im Gesundheitsfonds, in den die Beitragseinnahmen und die Steuerzuschüsse fließen. Aus dem Fonds wird den Kassen Geld zugewiesen. Kommen sie damit nicht aus, müssen sie Zusatzbeiträge erheben. Überschüssiges Geld können sie den Versicherten in Form von Prämien zurückzahlen. (rtr)