Berlin. Am 25. Mai sollte der Bundestag über den europäischen Fiskalpakt sowie den Euro-Rettungsschirm ESM abstimmen. Doch der Termin steht auf der Kippe. SPD und Grüne haben noch Einwände. Die Koalition aber hält die Verabschiedung des gesamten Pakets von ESM und Fiskalpakt noch vor der Sommerpause für zwingend.
Der pünktliche Start des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM zum 1. Juli ist in Gefahr. Wie Koalitionskreise am Mittwoch in Berlin bestätigten, soll die für den 25. Mai vorgesehene parallele Entscheidung des Bundestages über den europäischen Fiskalpakt sowie den ESM voraussichtlich verschoben werden. Frühester Zeitpunkt wäre dann Mitte Juni.
In der Koalition wurden Zweifel laut, ob die Abstimmung über beide Instrumente überhaupt noch vor der parlamentarischen Sommerpause gelingen kann. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert daran allerdings fest.
Ein Sprecher von Unions-Fraktionschef Volker Kauder betonte, seitens der Unions-Fraktion werde am bisherigen Termin 25. Mai festgehalten. Nach einem Treffen der Parlamentarischen Geschäftsführer am Abend verlautete, eine Entscheidung werde erst bei Gesprächen mit den Oppositionsfraktionen getroffen.
SPD und Grüne haben Einwände
Grund für die mögliche Verschiebung sind Einwände von SPD und Grünen. Sie fordern als Ergänzung zum Fiskalvertrag für mehr Haushaltsdisziplin klare Aussagen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer, einem Wachstumspaket sowie zum Umfang der erforderlichen Begleitgesetze. Die Regierung ist auf Stimmen aus der SPD und von den Grünen angewiesen, da für den Pakt Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig sind.
Im Juni kommt der Bundestag vor den Ferien aber nur noch zu zwei Sitzungswochen zusammen, die erste davon vom 11. bis 15. Juni. Am Ende jener Woche tagt auch der Bundesrat. Gelingt eine Einigung bis dahin nicht, finden im Juni weitere Beratungen des Parlaments zwischen dem 25. bis 29. Juni statt. Die Länderkammer trifft sich dann aber erst wieder am 6. Juli, was für ein pünktliches Inkrafttreten des ESM zu spät wäre.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier unterstrich, der Zeitplan der Bundesregierung für eine Beschlussfassung über den Fiskalpakt und den ESM sei von Anfang an nicht zu halten gewesen. Es komme nun darauf an, dass der Bundestag ausreichend Beratungszeit erhalte. Die Abgeordneten dürften nicht ohne Not zu schnellen Entscheidungen gedrängt werden.
Koalition will Parallel-Abstimmung
Die Koalition will auf jeden Fall daran festhalten, die Abstimmung über den Fiskalpakt und den ESM parallel zu halten. "Die Verabschiedung des gesamten Pakets von ESM und Fiskalpakt noch vor der Sommerpause ist zwingend, denn beides gehört zusammen", sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt und FDP-Politiker, Michael Link, der "Stuttgarter Zeitung" laut Vorabbericht. Der Vorschlag der Opposition zur Entkoppelung sei nicht nur gefährlich sondern auch der falsche Anreiz.
Kauder sagte dem "Handelsblatt" von Donnerstag, es gebe die Sorge bei Kollegen, "dass sie dem dauerhaften Rettungsschirm zustimmen und am Ende die Stabilitätsregeln im Fiskalpakt aufgeweicht werden". Kauder fügte hinzu: "Deswegen stimmen wir beides zusammen ab. Wir werden hier keine faulen Kompromisse eingehen." Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle betonte, es gebe einen inneren Zusammenhang zwischen ESM und Fiskalpakt. Nur solche Länder könnten unter den Rettungsschirm kommen, die den Fiskalpakt verabschiedet hätten.
Die SPD hatte angeregt, die Abstimmung zum ESM von der Entscheidung über den Fiskalpakt abzukoppeln. "Beim ESM halte ich die Dinge für nicht so kompliziert", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, zur Begründung.
Merkel wirbt für aktuellen Fiskalpakt
Für ein Gespräch Merkels mit den Spitzen von SPD und Grünen gibt es nach Seiberts Worten weiterhin keinen konkreten Termin. Die Kanzlerin sei aber bereit zu einem solchen Treffen nach den Gipfeltreffen von G8 und Nato, die am 21. Mai enden.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sprach sich gegen ein Aufschnüren des Fiskalpakts der Euro-Zone aus. Der Vertrag werde nicht neu verhandelt, sagte er in Brüssel. Der Pakt werde jedoch um eine politische Vereinbarung zum Wachstum ergänzt. Auch Seibert bekräftigte, Kanzlerin Merkel werbe für den Fiskalpakt "so wie er ist". Ähnlich äußerte sich Kauder. Er zeigte sich zugleich überzeugt, dass die Koalition beim ESM eine eigene Mehrheit erhalten werde. Die sogenannte Kanzlermehrheit sei dagegen nicht nötig. (rtr)