Toronto. . Der Handyhersteller RIM zieht nach katastrophalen Quartalszahlen die Notbremse: Die Kanadier, die in Bochum ein Entwicklungszentrum haben, werden sich aus dem Massenmarkt zurückziehen. Künftig stehen nur noch die Geschäftskunden im Fokus.
Der neue Chef des kriselnden Handyherstellers Research In Motion (RIM), Thorsten Heins, gibt den Kampf um den Massenmarkt auf. Mit den einst im Smartphone-Markt so dominanten Blackberry-Geräten wolle sich der kanadische Konzern künftig wieder auf Firmenkunden konzentrieren. „Wir können nicht alles selbst machen, aber wir können das tun, worin wir gut sind“, sagte der seit Januar amtierende RIM-Chef am Donnerstag (Ortszeit) bei der Vorlage enttäuschender Quartalszahlen.
RIM hatte im Schlussquartal des Anfang März beendeten Geschäftsjahres mehr als eine Milliarde Dollar weniger verdient als noch ein Jahr zuvor: Unter dem Strich stand ein Verlust von 125 Millionen Dollar (93,8 Millionen Euro), nachdem es zuvor noch ein Plus von 934 Millionen Dollar gewesen war. Zugleich fiel der Umsatz auf Jahressicht um ein Viertel auf 4,2 Milliarden Dollar.
Angesichts der desaströsen Zahlen - RIM verfehlte mit dem Ergebnis zum fünften Mal in Folge die Erwartungen der Analysten - will der neue Konzernchef nun zurück zum alten Kerngeschäft. „Wir glauben, dass Blackberry keinen Erfolg haben kann, wenn wir versuchen jedermanns Liebling und alles für jeden zu sein“, sagte Heins. „Deshalb planen wir, auf unseren Stärken aufzubauen.“
Tiefe Krise im Massen- und Geschäftskundenmarkt
In der tiefen Strategiekrise war Heins im Januar vom Vorstand fürs operative Geschäft auf den RIM-Chefsessel aufgerückt. Der Deutsche, der vier Jahre zuvor von Siemens zum kandadischen Konzern gewechselt war, löste damit nach 20 Jahren das Führungsduo der RIM-Gründer Jim Balsillie und Mike Lazaridis ab.
Der einst unter Geschäftsleuten kunden so begehrte Blackberry hatte es nie geschafft, im Massenmarkt gegen Konkurrenten wie Apple oder Google mit seinem Android-Betriebssystem Fuß zu fassen. So war RIM Daten des IT-Marktforschers Gartner zufolge im vierten Quartal 2011 weltweit auf Rang sieben der Handyhersteller zurückgefallen und kam dabei noch auf einen Marktanteil von 2,8 Prozent.
Zum Vergleich: Apple schaffte es auf Rang drei und machte 7,4 Prozent des gesamten Handymarktes aus. Die Kalifornier verkauften dabei mit 37 Millionen von ihren iPhones mehr als RIM Blackberrys in den vergangenen drei Quartalen zusammen absetzen konnte.
Auch Playbook floppte
Zudem fielen die Kanadier zuletzt auch in der Gunst der Geschäftskunden, da auch immer mehr professionelle Nutzer von ihren Unternehmen iPhones oder Android-Geräte verlangen. Daneben scheiterte RIM auch mit einem eigenen Tablet-Computer als Konkurrenz zum iPad von Apple. Das PlayBook wird inzwischen zu einem Preis unter den Herstellungskosten verkauft.
Die Strategie werde deshalb grundlegend überprüft, hieß es. Konzernchef Heins sagte, er sei auch offen dafür, RIM komplett zu verkaufen, „aber das ist nicht die Hauptrichtung, die wir gerade verfolgen“. Noch macht der Konzern zumindest im Gesamtjahr Gewinn, wenn auch mit 1,2 Milliarden Dollar um knapp zwei Drittel weniger als im vorherigen Geschäftsjahr. Der Umsatz fiel zugleich um sieben Prozent auf 18,4 Milliarden Dollar. (dapd)