Brüssel. . Bisher hatte die Bundesregierung immer eine Aufstockung des Euro-Rettungsfonds abgelehnt. Doch nun ist Berlin zum Einlenken bereit. Doch was bedeutet eine Aufstockung überhaupt? Die Ansichten darüber gehen auseinander.

Eine Aufstockung der verfügbaren Mittel in den Euro-Rettungsfonds hat die Bundesregierung bislang abgelehnt - und sich damit gegen Forderungen mehrerer Euro-Länder, der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF) gestellt. Doch nun ist Deutschland zum Einlenken bereit. Eine Entscheidung sollen die Euro-Finanzminister am Freitag in Kopenhagen treffen.

Wie war die bisherige Haltung der Bundesregierung?

Bislang hieß es aus Berlin stets: Die Ansteckungsgefahr in der Schuldenkrise ist nicht mehr so groß, wir müssen unsere finanziellen Brandmauern daher nicht erhöhen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) signalisierte jedoch Mitte März die Bereitschaft zu einer „Lösung“, da die Aufstockung für manche „eine gewisse Bedeutung“ bekommen habe. Der IWF erwartet von der Eurozone eine Stärkung ihrer Brandmauern, bevor der Währungsfonds ebenfalls seine Krisenkasse aufstockt.

Um welche Mittel geht es?

Es geht erstens um den bisherigen Euro-Rettungsfonds EFSF, der insgesamt 440 Milliarden Euro zur Euro-Rettung einsetzen kann. Und zweitens um den dauerhaften Rettungsfonds ESM, der ab Sommer in Kraft treten und dann schrittweise mit verfügbaren Mitteln in Höhe von 500 Milliarden Euro gefüllt werden soll. Bislang wollte Deutschland, dass die insgesamt verfügbaren Mittel auch dann nicht mehr als 500 Milliarden Euro betragen, wenn beide Fonds übergangsweise nebeneinander bestehen. Vermutlich werden nun die EFSF-Mittel nicht dem ESM angerechnet, sondern zumindest teilweise und zeitweilig oben draufgeschlagen.

Wie könnte ein Kompromiss aussehen?

Die EU-Kommission hat mehrere Vorschläge gemacht, deren Basis immer die 500 Milliarden Euro des ESM sind. Etwa könnten die knapp 200 Milliarden addiert werden, die vom EFSF für die Hilfsprogramme für Griechenland, Portugal, und Irland eingeplant sind: Macht fast 700 Milliarden. „Wir könnten uns vorstellen, dass diese 200 Milliarden parallel so lange laufen, bis sie von den Programmländern zurückgezahlt werden“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Kommission favorisiert nach Angaben aus Brüssel jedoch die Lösung, beide Fonds auf 940 Milliarden Euro zu addieren.

Was bedeutet eine Aufstockung für Deutschland?

Je mehr Geld die Eurofonds einsetzen können, desto höher ist der deutsche Garantierahmen. Für den EFSF beträgt dieser bisher 211 Milliarden Euro. Für den ESM muss Berlin schrittweise 22 Milliarden Euro Bargeld überweisen und Garantien von rund 168 Milliarden Euro übernehmen. Für welchen Betrag Deutschland also künftig einsteht, hängt von der Entscheidung der Euro-Finanzminister ab. Erwogen wird auch, die ESM-Bareinzahlungen zu beschleunigen. Bisher waren zwei Raten im Jahr 2012 und drei weitere in den drei kommenden Jahren geplant. Diskutiert wird nun die Zahlung von bereits zwei Tranchen im kommenden Jahr.

Was bringt überhaupt eine Aufstockung der Euro-Rettungsfonds?

Darüber gehen die Ansichten auseinander. „In der jetzigen, eher entspannten Lage ist der Bedarf für mehr Geld schwierig nachzuweisen“, sagte EFSF-Chef Klaus Regling dem „Focus“. Es müsse aber akzeptiert werden, dass sich die Märkte durch mehr Geld weiter beruhigen ließen. Dieser Meinung ist etwa die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die einen Schutzwall der Eurozone in Höhe von einer Billion Euro fordert, um Spekulanten abzuschrecken. Ob die Euro-Fonds als stark genug angesehen werden, müsste sich zeigen, falls das mit Sorge beobachtete Spanien finanziell in einen Abwärtssog gerät. (afp)