Potsdam. Die Tarifverhandlungen für die zwei Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind am Mittwochabend unterbrochen worden. Die Gespräche waren zunächst ohne erkennbare Annäherung geblieben. Eine Fortsetzung der Tarifrunde ist für Donnerstag geplant.
Die Tarifverhandlungen für die gut zwei Millionen Beschäftigten des Bundes und der Kommunen sind am Mittwochabend unterbrochen worden. Ein Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sagte am Mittwoch in Potsdam, am Donnerstag sei eine Fortsetzung der Tarifrunde mit den Arbeitgebern geplant.
Die Tarifgespräche, die am Nachmittag begonnen hatten, waren zunächst ohne erkennbare Annäherung geblieben. Bund und Kommunen hatten ihr Arbeitgeberangebot von insgesamt 3,3 Prozent für eine Laufzeit von zwei Jahren nach Gewerkschaftsangaben nicht nachgebessert. Die Gewerkschaften verlangen 6,5 Prozent für eine Laufzeit von 12 Monaten, mindestens jedoch monatlich 200 Euro mehr.
Drei Szenarien sind am Ende der entscheidenden Tarifrunde für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen denkbar: Einigung, Schlichtung und sofortiger Streik.
Einigung: Nach der signalisierten Kompromissbereitschaft beider Seiten wäre es denkbar, dass am Ende der dritten Runde ein Tarifabschluss steht. Allerdings haben die Gewerkschaften hoch gepokert. Mehr als 3,3 Prozent pro Jahr müssten es schon sein, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske am Mittwoch. Von der anfänglichen Forderung nach 6,5 Prozent sprach er da schon nicht mehr.
Für den Bund wäre ein relativ hoher Abschluss verkraftbar: Er hat deutlich weniger Beschäftigte als die Kommunen. Großes Plus für den Bund: Steigen die Einkommen den Staatsbediensteten, dann gehen auch seine Steuereinnahmen nach oben. Auch am Lohnplus der kommunalen Angestellten wäre der Bund beteiligt, ohne dafür bezahlen zu müssen.
Einige Städte und Gemeinden sind reich und könnten einen hohen Abschluss gut verkraften, doch viele andere sind arm. Einige von ihnen sind bereits so hoch verschuldet, dass sie unter einer Art Zwangsverwaltung stehen. Auch vielen kommunalen Betrieben geht es nicht sonderlich gut, sie müssen zudem mit den privaten Wettbewerbern mithalten, die von einem Lohnplus nicht betroffen wären. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) vertritt bei den Verhandlungen also ein breites Spektrum an Interessen, die bei einer Tarifeinigung unter einen Hut finden müssten.
Schlichtung: Falls sich die Tarifpartner spätestens in der Nacht auf Freitag noch nicht einigen können, dann scheitern die Gespräche. In diesem Fall gehen Verhandlungskreise davon aus, dass die Arbeitgeber die Schlichtung anrufen werden. Die Gewerkschaften kündigten zwar an, auf die Schlichtung verzichten zu wollen. Doch es reicht, wenn eine Seite danach ruft - laut der geltenden Abmachung muss die andere Seite dann mitspielen.
Die Schlichtung ist für die Arbeitgeber in zweierlei Hinsicht attraktiv: Solange das Verfahren noch läuft, sind Streiks ausgeschlossen. Es bliebe also genug Zeit, um ohne Ausstände über die Osterfeiertage zu kommen.
Außerdem hat nach der geltenden Vereinbarung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern der frühere Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) als Vertreter der Arbeitgeber in dieser Tarifrunde beim Schlichterspruch das letzte Wort. Wenn der Vorschlag nur knapp unter dem bleibt, was die Gewerkschaften insgeheim erreichen wollen, dann dürften sie es sich zweimal überlegen, ob sie für eine Differenz von weniger Zehntelprozentpunkten eine Streikwelle lostreten wollen. Denn sobald die Arbeitnehmer auf die Straße gehen, steht die Gewerkschaft unter Druck, eine merkliche Verbesserung zu erreichen.
Sofortiger Streik: Sollten die Gespräche scheitern und keine Seite die Schlichtung anrufen, dann könnten die Gewerkschaften binnen kurzer Zeit einen unbefristeten Arbeitskampf organisieren, einen sogenannten Erzwingungsstreik. Dieser Fall ist aber wenig wahrscheinlich. (dapd)