Essen. . Verdi-Chef Frank Bsirske droht mit unbefristeten Streiks - allerdings nicht in den Osterferien. Denn, so der Gewerkschafts-Boss, man wolle ja nicht Familien bestrafen, sondern die Arbeitgeber. Deren bisherige Verhandlungspolitik kritisiert Bsirske heftig.
„Wir stehen an einer Wegscheide“, sagte Verdi-Vorsitzender Frank Bsirske am Dienstagmorgen auf einer Streikversammlung am Flughafen Frankfurt/Main. Die WAZ Mediengruppe wollte wissen, was passiert, wenn in den kommenden beiden Tagen keine Einigung erzielt wird.
Herr Bsirske, wie geht‘s weiter, wenn Arbeitgeber und Verdi keinen Kompromiss erzielen? Kommt dann die Urabstimmung?
Frank Bsirske: Mittwoch und Donnerstag findet in Potsdam die entscheidende Verhandlungsrunde statt. Ich kann nur hoffen, dass die Arbeitgeber das eindeutige Signal von mehr als 215 000 Beschäftigten in der zweiten Warnstreikwelle verstanden haben. Nach den Milliarden für Bankenrettung und einem Ehrensold nach 20 Monaten Amtszeit für den ehemaligen Bundespräsidenten sagen die Kollegen ganz klar: Die nächsten Milliarden sind für uns. Klar ist aber auch: Wenn es kein Ergebnis gibt, werden wir die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik einleiten. Wir werden die Schlichtung nicht anrufen.
Sind die Osterferien von Streiks an Flughäfen betroffen?
Bsirske: Wir wollen mit einem möglichen unbefristeten Streik vor allem die Arbeitgeber treffen und nicht zuerst die Bevölkerung. Deshalb muss weder bei einer Urabstimmung und erst recht nicht während der Schlichtung irgendjemand mit Flughafen-Streiks in den Osterferien rechnen.
6,5 Prozent mehr sind angesichts der gebeutelten öffentlichen Haushalte hoch gepokert. Wo liegt Ihr Minimalziel?
Bsirske: Die bisher angebotenen 3,3 Prozent für zwei Jahre sind gemessen an unserer Forderung nur die halbe Wegzehrung für die doppelte Strecke. Im Übrigen: Die verschiedenen Bundesregierungen haben den Kommunen seit zwölf Jahren jährlich acht Milliarden Euro an Steuereinnahmen entzogen und ihnen gleichzeitig immer neue Aufgaben aufgebürdet. Da könnten Städte wie Oberhausen ihr komplettes Personal entlassen und kämen auf Jahrzehnte nicht aus ihrer Finanzmisere.
Die Öffentlichkeit muss unter den Verdi-Streiks mächtig leiden. Schadet das auf Dauer nicht ihrem Image?
Bsirske: Wir spüren erfreulicherweise viel Zustimmung in der Bevölkerung. Die meisten wissen, dass es gute Erziehung, Krankenpflege, Versorgungssicherheit und gute Dienstleistung nicht zum Nulltarif gibt. Die Beschäftigten sind zu Recht davon überzeugt, dass sie es wert sind, nicht länger mit Reallohnverlusten abgespeist zu werden. Wir haben allein im März bisher Eintritte von mehr als 18 000 neuen Mitgliedern, das ist zweieinhalb bis dreimal so viel wie sonst.