Essen. . Industriekonzerne schmieden ein Bündnis zur Rohstoff-Sicherung. Das chinesische Monopol auf Seltene Erden zwingt auch Deutschland zum Handeln: Die Chinesen bestimmen 97 Prozent des Marktes und somit auch die Preise. Die Metalle werden für Elektrogeräte vom Handy bis zur Windkraftturbine gebraucht.

Die Japaner bezeichnen sie als die „Vitamine der Industrie“. Wer Windkraftturbinen, Elektromotoren oder Handys produziert, kann auf sie nicht verzichten. Die Rede ist von Seltenen Erden – Metalle mit besonderen chemischen und magnetischen Eigenschaften. Der Schlüssel zum Vitaminschrank liegt derzeit in den Händen der Chinesen. Sie bestimmen 97 Prozent des Marktes und somit auch die Preise, die sich pro Kilo zum Teil vervierfacht haben.

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und einen Zugang zu den begehrten Stoffen zu erhalten, hat jetzt ein Bündnis deutscher Industrieunternehmen zur Jagd auf die weltweiten Rohstoff-Felder geblasen. „Die langfristige Sicherung des Zugangs zu Rohstoffen ist eine wichtige Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland“, heißt es in einer Stellungnahme von Evonik Industries. Der Essener Chemie-Konzern ist wie Thyssen-Krupp, Daimler oder Bayer Mitbegründer der „Allianz zur Rohstoffsicherung“. Thyssen versteht dieses Bündnis als eine Möglichkeit, „Projekte mit breiter Relevanz“ mit starken Partnern anzugehen.

Menschenrechtsverletzungen

Auch die Politik hilft bei dem Anliegen: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in der vergangenen Woche mit Kasachstan und im Herbst 2011 mit der Mongolei Abkommen geschlossen, die den Unternehmen die Tür zur Erschließung, Gewinnung und Nutzung mineralischer Rohstoffe in den Ländern öffnen sollen. Amnesty International und Human Rights Watch kritisieren die Regierung allerdings dafür, dass es in den Ländern zu Menschenrechtsverletzungen komme.

Rohstoff-Experten wie Antje Kröger vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sind der Meinung, dass es höchste Zeit ist, dass deutsche Unternehmen beim weltweiten Rennen um die natürlichen Ressourcen aktiv werden: „Westliche Industriestaaten haben den strategischen Wert der Seltenen Erdmetalle lange Zeit nicht erfasst. Somit sind wir mittlerweile von der chinesischen Lieferung stark abhängig geworden.“ Gerade die in der Energiewende wachsende Umweltbranche, aber auch die Technologie- und Automobilbranche sind betroffen.

In China lagern zwar nur 36 Prozent der weltweit geschätzten Seltenen Erden, aber durch Niedriglöhne und die nach Angaben des Freiburger Öko-Instituts „rücksichtslosen Abbaumethoden“ hat es Mitbewerber wie Kanada, Australien oder die USA vom Markt verdrängt und ist nun die bestimmende Macht.

Die Nachfrage wächst

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Seltene Erden kommen in Mischmetallen vor. Um sie herauszulösen, wird bei der Förderung Säure in die Erde gepumpt. Wasserverschmutzung und verseuchte Äcker sind die Folge: „China hat den Westen überholt, indem es Umweltstandards nicht beachtet“, so Antje Kröger. Der Vorsprung Chinas liegt aber auch darin begründet, dass es die Seltenen Erden nicht nur fördert, sondern auch verarbeitet. So lockt es auch ausländische Unternehmen ins Land. Inzwischen ist laut DIW die Abhängigkeit so groß geworden, dass europäische und deutsche Unternehmen gezwungen sein könnten, ihre Produktion nach China auszulagern.

Der Markt boomt. Bei Thyssen-Krupp gibt es nach Aussage eines Sprechers deshalb Überlegungen, „wie der Bereich Rohstoff-Handel des Konzerns um Seltene Erden ausgeweitet werden kann“. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) geht davon, dass die Nachfrage nach Seltenen Erden wächst. Schätzungen gehen von einer Nachfrage von 180.000 bis 190.000 Tonnen bis 2014 aus. Im Jahr 2000 lag sie noch bei 80.000 Tonnen.

Bis die deutschen Schürfrechte in der Mongolei und in Kasachstan allerdings auch Zählbares zu Tage fördern, werden noch sechs bis zehn Jahre vergehen. So lange dauert es, eine Mine zu eröffnen.