Heidelberg (dapd). Wenn in Deutschland der wichtigste Rohstoff Bildung ist, heißt das umgekehrt auch: Aus der Erde lässt sich hierzulande nur wenig holen. Ohne kluge Köpfe funktioniert die deutsche Wirtschaft zwar nicht. Allerdings benötigt sie auch Zinn für die Herstellung vieler Chemikalien, Seltene Erden für Handys oder Elektroautos oder Germanium für Glasfaserkabel. Die Bundesregierung hat die Sicherung von Rohstoffen deswegen als wichtige Zukunftsaufgabe ausgerufen. Und ein kleines Unternehmen aus Heidelberg wittert gute Geschäfte.
"Sehr viel mehr Menschen wollen sehr viel mehr Wohlstand haben", sagt der Vorstand der Heidelberger Deutsche Rohstoff AG, Thomas Gutschlag. Eine Studie eines der weltgrößten Rohstoffkonzerne, BHP Billiton, habe ergeben, dass, falls das Wachstum in China und Indien in den kommenden 25 Jahren so weitergeht wie bisher, mehr Metall benötigt wird als in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor.
Die Deutsche Rohstoff AG ist ein verhältnismäßig kleines Unternehmen. Die 2006 gegründete Gesellschaft hat inzwischen die Rohstoffproduktion aufgenommen und erwartet für 2011 ein Ergebnis nach Steuern in Höhe von zehn Millionen Euro. Sie macht sich zunutze, dass die Nachfrage hoch, das Angebot aber verhältnismäßig niedrig ist. Das macht den Abbau auch bereits aufgegebener oder schwer zu erreichender Lagerstätten wieder attraktiv. So erkundet das Unternehmen derzeit auch alte Ölfelder in Deutschland.
Das Unternehmen teilte jetzt mit, dass es eine langfristige Partnerschaft zum Abbau und Verkauf des für Volkswirtschaften als strategisch wichtig geltenden Metalls Wolfram eingegangen sei. Das US-Unternehmen Global Tungsten & Powders (GTP) werde das in Australien abgebaute und zu Konzentraten verarbeitete Metall für die nächsten fünf Jahre abnehmen. GTP ist den Angaben nach einer der größten Wolframverarbeiter außerhalb Chinas.
Unter der Annahme heutiger Preise ergibt sich für die Konzentrate nach Unternehmensangaben ein Umsatz in den nächsten vier Jahren von rund 124 Millionen australischen Dollar (94 Millionen Euro). Für Wolfram, das härteste Metall der Welt, erwarten Experten steigende Preise.
Wolfram wird in einem EU-Bericht zusammen mit 13 anderen Metallen als kritisch im Hinblick auf Vorkommen und ökonomische Bedeutung eingestuft. Das Fraunhofer-Institut stellt in einer Studie zur Verwendung von Rohstoffen für Zukunftstechnologien aus dem Jahr 2009 fest: "Die Rohstoffversorgung muss als vulnerables System verstanden werden." Will heißen: Globale Konzerne können den Wettbewerb aushebeln, die Länder, in denen gefördert wird, sind oftmals politisch instabil und der Rohstoffhunger von aufstrebenden Ländern wie China oder Brasilien macht das Angebot knapp.
Wer sich da ein Stück vom Kuchen sichert, kann also auf ordentliche Einnahmen spekulieren. Laut Gutschlag gibt es in Deutschland aber so gut wie keine Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben. "Deutschland ist in der Riesenwachstumsindustrie Rohstoffförderung erbärmlich wenig vertreten", sagt er. Die deutsche Industrie sei in der Folge die, die die hohen Preise schlucken müsse.
Auch der Leiter der von der Bundesregierung eingerichteten Deutschen Rohstoffagentur (Dera), Volker Steinbach, sieht Nachholbedarf: "Deutschland ist da nicht so stark." Er verweist auf eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, wonach 91 Prozent der Firmen ein Problem mit steigenden Rohstoffpreisen haben und für 58 Prozent schon der Zugang zu Rohstoffen problematisch ist.
Die Dera berät Unternehmen und hilft ihnen bei einer Strategie zur Sicherung von Rohstoffen. Steinbach rät unter anderem dazu, langfristige Lieferverträge abzuschließen und sich nicht von einem Händler abhängig zu machen, sondern möglichst zu diversifizieren. Zudem sollten sie Käufergemeinschaften bilden. "Es ist zudem sinnvoll, sich über eine Beteiligung einen direkten Zugang zu einem Bergbauprojekt zu sichern", sagt Steinbach.
Die Bundesregierung könne zusätzlich unterstützen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reiste beispielsweise jüngst in die Mongolei und schloss eine Rohstoffpartnerschaft ab. Zudem gebe es Pläne, die Ausbeutung von Lagerstätten zu fördern.
dapd