Essen. Mitten in der ersten echten Kältewelle dieses Winters hat Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland reduziert. Die Energieversorger E.on und RWE erhalten aus Russland rund 30 Prozent weniger Gas als üblich. Die Versorgungssicherheit sei nicht bedroht.

Ausgerechnet während das sibirische Kältehoch Cooper Deutschland in einen Eiskeller verwandelt, geraten die Gaslieferungen aus Russland ins Stocken. Sprecher der beiden größten deutschen Energieversorger E.on und RWE berichteten am Freitag der Nachrichtenagentur dapd, dass derzeit aus Russland rund 30 Prozent weniger Gas als üblich geliefert würden. Auch der Kasseler Gaskonzern Wingas und Ostdeutschlands größter Gasimporteur VNG meldeten Einschränkungen bei der Versorgung.

Dennoch muss nach übereinstimmenden Angaben der Gasversorger in der Bundesrepublik in absehbarer Zeit niemand befürchten, wegen der Lieferengpässe in einer ungeheizten Wohnung zu sitzen. Eine RWE-Sprecherin sagte: "In der Bundesrepublik ist die Versorgungssicherheit nicht bedroht." Auch E.on Ruhrgas erklärte: "Unsere Kunden in Deutschland werden ohne Einschränkungen versorgt." Ähnlich äußerten sich die anderen Unternehmen.

Um warme Wohnungen auch bei Lieferproblemen zu garantieren, können die Energieversorger auf riesige unterirdische Gasspeicher zurückgreifen. Diese seien noch gut gefüllt, hieß es. Die E.on-Speicher etwa seien noch zu rund drei Viertel voll. Außerdem seien Lieferungen aus anderen Ländern - wie etwa Norwegen - nicht von den Kürzungen betroffen.

Doch ist nicht nur Deutschland betroffen. Auch Österreich, Polen und Italien klagen über sinkende Gaslieferungen. Der österreichische Gasversorger OMV berichtete über Liefereinschränkungen von rund 30 Prozent "aufgrund des strengen Winters in Russland". Dank der starken Inlandsproduktion und durch den Rückgriff auf strategische Speichervorräte sei die Versorgung Österreichs aber gesichert.

Polen sei angesichts der Lieferengpässe bereits dazu übergegangen, das Land aus eigenen Reserven zu versorgen, berichtete die Zeitung "Gazeta Wyborcza". Der italienische Gasversorger Snam wich zur Versorgung der Kunden auf andere Lieferanten und Gasspeicher aus.

Der Grund für die Versorgungsengpässe war zunächst unklar. Der russische Gazprom-Konzern räumte in einer Erklärung zwar ein, dass die Nachfrage in Russland aufgrund der Rekordkälte in die Höhe geschnellt sei, betonte aber gleichzeitig, das Unternehmen erfülle dennoch seine Lieferverträge. Alexander Medvedev, Topmanager des Gasriesen, machte die Ukraine für Lieferprobleme verantwortlich. Das Land, das die wichtigste Pipeline-Route nach Europa kontrolliert, entnehme den Leitungen deutlich mehr als vereinbart. Der ukrainische Gasversorger Naftogaz wies diese Darstellung allerdings entschieden zurück.

Bereits vor drei Jahren hatte ein heftiger Gasstreit zwischen Gazprom und der Ukraine zu einschneidenden Versorgungsengpässen in Teilen Europas geführt. Allerdings kam auch damals Deutschland wegen seiner großen Reserven glimpflich davon. Die Bundesrepublik verfügt europaweit über die größten Speicherkapazitäten für Erdgas und kann mehr als 20 Milliarden Kubikmeter einlagern. (dapd)