Berlin. . Investoren verleihen Geld zum Nulltarif, werben aber mit Kampfzinsen um Spareinlagen. Die Finanzmärkte sind, so scheint es, völlig von der Rolle. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum leihen Investoren Deutschland Geld und zahlen sogar noch etwas drauf?
Die Käufer der Staatsschulden, also Pensionsfonds, Versicherungen oder Banken, haben erstmals dem Bund sogar noch Geld draufgezahlt. Das nennt sich Negativzins und klingt absurd. Doch manche Unternehmen sind rechtlich gezwungen, die von ihnen eingesammelten Spargelder auch zeitig wieder anzulegen. Weil sie derzeit Risiken scheuen, griffen am Montag sehr viele Anleger zu, als die Bundesfinanzagentur zur Auktion rief. Wenn die Nachfrage nach Anleihen höher ist als das Angebot, sinkt der Zins – diesmal sogar ins Negative. Nach Beobachtung der Bremer Landesbank treibt die Suche nach sicheren Häfen fürs Geld Investoren zu diesem Verhalten.
Deutschland profitiert von der Krise
Mit dieser Entwicklung wird Deutschland zu einem großen Profiteur der Finanzkrise. Denn die Kassenwarte in Bund und Ländern sparen bei Umschuldungen Milliarden, wenn sie teure Altkredite durch günstige neue ablösen.
Warum bieten die Banken privaten Sparern Spitzenzinsen, wenn sie selbst ihr Geld praktisch verschenken?
Dieser Widerspruch erklärt sich aus den verschärften Regeln für die Banken. In einem halben Jahr muss die Branche eine deutlich höhere Eigenkapitalausstattung vorweisen. Spareinlagen können zum Teil auf das Eigenkapital angerechnet werden. Deshalb sammeln die Banken schon jetzt möglichst viel Geld bei ihren Kunden ein. Da viele Institute auf frisches Geld angewiesen sind, konkurrieren sie über die Zinsen um Kunden.
100 000 Guthaben sind geschützt
Sind die Angebote seriös?
Die Stiftung Warentest sieht in den Offerten, die bis zu vier Prozent auf das Tagesgeld bringen können, keine sonderlichen Risiken. „Die Refinanzierung über den Kleinsparer ist grundsätzlich ein seriöser Weg“, sagt deren Zinsexpertin Marion Weitemeier. Anleger sollten auf die Konditionen schauen, zum Beispiel auf den Zeitraum, über den der gute Zins zugesagt wird. In der Vergangenheit gab es hier immer wieder Lockvogel-Angebote.
Können Sparer den Banken vertrauen und bekommen ihr Geld auch sicher zurück?
Alle Banken, Sparkassen oder Genossenschaftsbanken, die in Deutschland als Bank zugelassen sind, unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung. Im Falle einer Pleite sind damit Guthaben von bis zu 100 000 Euro geschützt. Die meisten Institute sind zudem Mitglied eines weiter reichenden Rettungsschirms.
Geld für Staatsanleihen
Was machen die Banken mit den vielen Milliarden, die sie von der EZB bekommen?
Das Angebot der Europäischen Zentralbank (EZB), für ein Prozent Zins so viel Geld auszuleihen wie gewünscht, haben die Banken gerne angenommen. Denn sie leihen sich untereinander nur noch ungern etwas. Es fehlt das gegenseitige Vertrauen. Mit den Darlehen der EZB haben die Banken genügend Mittel, um ihr Geschäft weiter zu betreiben. Außerdem sollten sie damit Staatsanleihen kaufen, damit die europäischen Länder alte Schulden durch neue ersetzen können. Das geschieht bisher nur in geringem Umfang.
Warum parken sie das Geld gleich wieder bei der Zentralbank?
Auch dieses Verhalten ist auf das fehlende Vertrauen der Finanzunternehmen untereinander zurückzuführen. Lieber überweisen die Institute ihre flüssigen Mittel für einen Minizins über Nacht an die EZB, als es zu besseren Konditionen an einen Konkurrenten zu verleihen, der plötzlich pleite sein kann.