Nach der Kapitalerhöhung ging der Kurs der RWE-Aktie nach unten. Kleinanleger reagieren besorgt. Sie treibt außerdem die geringe Preisdifferenz zu den „alten“ Aktien und das schlechte Bezugsverhältnis um. Sparkassen-Experten sehen dennoch Vorteile für alle Anleger.

RWE-Aktionäre sind Kummer gewohnt. Notierte der Kurs des Energieriesen noch vor Jahresfrist bei mehr als 50 Euro, hat er sich mit dem Atomausstieg seitdem glatt halbiert. Und mit der am Dienstag verkündeten Kapitalerhöhung ging er noch einmal um fast fünf Euro in den Keller. Seitdem häufen sich in den Banken und Sparkassen die Kundenanfragen.

Viele Kundenanfragen

„Bei uns melden sich jetzt sehr viele Anleger“, sagt Arnd Brechmann, Bereichsleiter Wertpapiere, Vermögensmanagement und Private Banking der Sparkasse Essen. Gerade an Rhein und Ruhr gebe es viele RWE-Kleinaktionäre. Viele (ehemalige) Beschäftigte halten Belegschaftsaktien, zudem galt das Papier angesichts eines stetigen Wertzuwachses und stabiler Erträge lange als „Witwen- und Waisenpapier“.

Im Fokus der Fragen steht aber nicht nur der Kursverlust, sondern der komplizierte Brief, den in diesen Tagen jeder Aktionär erhält. Entsprechend des bisherigen Bestands im Aktiendepot räumt RWE darin das Recht ein, neue Aktien zu kaufen – und zwar zum reduzierten Preis von 26 Euro, statt aktuell gut 27 Euro an der Börse. „Jeder Aktionär bekommt für jede alte Aktie ein Bezugsrecht in sein Depot eingebucht“, sagt Brechmann. Für eine neue Aktie benötigt man jedoch 19 Bezugsrechte. Wer bisher 100 RWE-Aktien besitzt, hat also Anrecht auf fünf neue – und hätte noch fünf Bezugsrechte übrig.

Soweit die Theorie. In der Praxis dürfte die Kapitalerhöhung an den meisten Kleinanlegern vorbei gehen, erwarten die Sparkassen-Experten – schon wegen der Gebühren, die beim Aktienkauf anfallen und bei einer kleinen Zahl von Aktien den Preisvorteil auffressen. „Niemand sollte sich nur wegen der Bezugsrechte zu einem schnellen Geschäft verleiten lassen“, sagt Brechmann. „Wie bei jedem Börsengeschäft muss man neben Chancen und Risiken auch die Gebühren im Blick haben“, ergänzt Analyst Joachim Klein. Wer seine RWE-Aktien vor Einführung der Abgeltungssteuer Ende 2008 gekauft hat, dem drohe zudem durch den Bezug neuer Aktien der Verlust einer unkomplizierten steuerlichen Behandlung seiner „alten“ Papiere.

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Kein automatischer Verkauf

Auch ein Handel der Bezugsrechte ist bei der RWE-Kapitalerhöhung schwierig. So gebe es im Gegensatz zu anderen Kapitalerhöhungen diesmal keine Möglichkeit, die Bezugsrechte an der Börse zu handeln. Deshalb gebe es auch keinen automatischen Verkauf der Rechte am letzten Tag der Bezugsfrist, warnt Brechmann. „Wer seine Bezugsrechte verkaufen möchte, muss sich an seine Hausbank wenden.“ Da ein Bezugsrecht aktuell aber lediglich einen Wert von rund 5 Cent habe, „schlägt auch hier in vielen Fällen die Gebührenfalle zu“, sagt Klein.

Bei Aktionären, die gar nichts tun, verfallen die Bezugsrechte spätestens am 19. Dezember. Die für die Kleinanleger vorgesehenen Aktien landen dann in den Depots großer institutioneller Anleger. „Diese Kapitalerhöhung hatte von vornherein die institutionellen Anleger im Blick“, sagt Brechmann. Aus Sicht eines Kleinanlegers sei das aber auch nicht schlimm. RWE habe mit der Kapitalerhöhung 2 Milliarden Euro eingenommen und könne damit nun Schulden abbauen, in neue Geschäftsfelder investieren und dank eines gesicherten „A“-Ratings weiter günstig Kredite aufnehmen, sagt Brechmann. „RWE steht jetzt stabiler da als vor der Kapitalerhöhung - das ist gut für kleine und für große Aktionäre.“