Mülheim. Der Energiekonzern RWE will, um sein Stammkapital aufzustocken, 80 Millionen neue Aktien auf den Markt werfen. Ein Vorkaufsrecht haben bisherige Aktionäre, zu denen unter anderem Mülheim zählt. Jetzt lautet die Frage: Kaufen oder nicht kaufen? So ganz ist das für Mülheim noch nicht entschieden.

Kaufen oder nicht kaufen – vor dieser Entscheidung stehen derzeit alle Anteilseigener von RWE. Der Energiekonzern hat beschlossen, sein Stammkapital aufzustocken und 80 Millionen neue Aktien auf den Markt zu werfen. Die bisherigen Aktionäre, zu denen auch Städte wie Mülheim, Essen oder Dortmund zählen, haben ein Vorkaufsrecht. Insgesamt halten alle kommunalen Anteilseigner knapp 25 Prozent der RWE-Aktien, was ihnen quasi eine aktienrechtliche Sperrminorität sichert. Für steuerliche Privilegien reicht sogar eine Beteiligungsquote von 15 Prozent. Müssen sie nun kaufen, um nicht den Anteil zu stark abzuschmelzen und damit die Vorteile zu verlieren?

Vor einer Antwort noch ein Satz zum Aktienbesitz: Die Mülheimer RWE-Anteile sind auf zwei Einrichtungen verteilt: 5,5 Millionen Aktien verwaltet die Beteiligungsholding der Stadt (BHM), 4,1 Millionen Aktien besitzt die Leonhard Stinnes Stiftung, deren Vermögen wiederum die Stadt verwaltet.

Nun die Antwort: BHM-Geschäftsführer Henrik Dönnebrink wird, was seinen Bereich betrifft, dem BHM-Aufsichtsrat die Empfehlung geben: „Nicht kaufen.“ Warum? „Wir haben dafür gar kein Geld.“ Und was ist mit dem Verlust der steuerlichen Vorteile? „Die RWE-Aktien, die die BHM verwaltet, sind über zwei Gesellschaften, in denen auch andere Städte und Unternehmen ihre Anteile halten, in der RWEB GmbH& Co.KG gebündelt. Die wiederum hält über 16,4 Prozent an der RWE AG. Steuerliche Vorteile würde man erst verlieren, wenn der RWEB-Anteil unter 15 Prozent rutscht. Diese Gefahr sehe ich nicht.“

Ausschüttung schrumpft

Die Sperrminorität, die zum Beispiel verhindern kann, dass ein Unternehmen sich auflöst oder seinen Firmensitz verlegt, würde allerdings verwässert. Was wären die realen Auswirkungen? „Bei einer Hauptversammlung üben in der Regel nur 60 Prozent der Aktionäre ihr Stimmrecht aus. Das heißt: Auch mit weniger als 23 Prozent hat man de facto einen starken Einfluss.“

Wie sich die Leonhard-Stinnes-Stiftung verhalten wird, ist noch offen: „Die Stiftung prüft derzeit, ob sie ihr Bezugsrecht wahrnimmt oder nicht. Die Stiftung ist ein eigener Rechtsträger. Mehr kann ich also dazu nicht sagen“, sagt Frank Mendack, Leiter der Stadtkanzlei.

Fest steht allerdings, dass sich die Aufstockung des RWE-Stammkapitals negativ auf die Höhe der Ausschüttung pro Aktie auswirken wird: Da der Konzern die Anzahl seiner Aktien um rund zehn Prozent erhöht hat, gibt es pro Anteil auch rund zehn Prozent weniger an Dividende. Und dies macht bei rund 9,6 Millionen Aktien, die BHM und Stiftung insgesamt besitzen, einen durchaus nennenswerten Betrag aus: Bei der letzten Ausschüttung erhielten BHM und Stiftung insgesamt 33 Millionen Euro. Zehn Prozent weniger, das wären 3,3 Millionen Euro.