Essen. . Die Korruptionsaffäre um den Essener Industriedienstleister Ferrostaal ist um ein weiteres Kapitel reicher: Das Unternehmen soll in seinem Südafrika-Geschäft Schmiergelder in Höhe von über 30 Millionen Euro gezahlt haben, um den Zuschlag für ein Rüstungsprojekt zu erhalten.

Die Bitte hörte sich freundschaftlich an. Im Dezember 1999 fragte ein südafrikanischer Admiral beim Industriedienstleister Ferrostaal an, ob die Essener nicht eine Militärhockeymannschaft finanzieren möchten. Dabei wären auch fünf „U-Boot-Fahrer“ aus Südafrika. Freundschaften pflegt man, das wussten die Leute von Ferrostaal. Die Hockeytruppe bekam 100.000 südafrikanische Rand (damals etwa 16.000 Euro). Das Besondere an diesem Geschenk: Ferrostaal wollte im Dezember 1999 in Südafrika U-Boote verkaufen – und der Admiral war an diesem Deal beteiligt.

Nach Recherchen dieser Zeitung war dies nicht der einzige Freundschaftsdienst, den Ferrostaal und Kompagnons in Südafrika leisteten. Nach einem vertraulichen Bericht der Düsseldorfer Anwaltskanzlei Heuking Kühn, Lüer und Wojtek lassen sich Zahlungen in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro nachweisen, denen keine nennenswerte Gegenleistung gegenüberstand. Unter anderem wurden rund zwei Millionen Euro an eine Beratungsfirma gezahlt, die nicht existierte. Das Geld floss von 1999 bis 2005.

Im Kern ging es bei dem Geschäft um drei U-Boote, die Ferrostaal als Teil des German Submarine Consortium (GSC) mit den Unternehmen Howaldtswerke – Deutsche Werft (HDW) und Thyssen Nordseewerke für 660 Millionen Euro an die südafrikanische Regierung geliefert hat. Von Beginn an war jedem klar, dass es ein schmutziger Deal war. Im Heuking-Papier berichtet ein Mitarbeiter, es sei „offenes Geheimnis“ gewesen, dass bei Ferrostaal Schmiergelder gezahlt wurden.

„Nützliche Aufwendungen“ angeordnet

Im Südafrika-Geschäft soll sogar der damalige Vorstand nach Auskunft eines weiteren Mitarbeiters die „nützlichen Aufwendungen“ angeordnet haben – offenbar nachdem im Jahr 1999 Korruptionszahlungen im Ausland auch in Deutschland unter Strafe gestellt wurden. Das schreiben die Anwälte der US-Kanzlei Debevoise & Plimpton, die Ferrostaal als interne Ermittler eingesetzt hat, um die Schmiergeld-Affäre von 1999 bis 2010 zu untersuchen.

Deutsche Staatsanwälte nehmen im Fall des U-Boot-Deals an, dass Ferrostaal über Beraterverträge getarnt mehrere Millionen Euro Schmiergeld an südafrikanische Funktionäre und Politiker gezahlt haben soll. Nach den vorliegenden Unterlagen hatte Ferrostaal drei Beratungsfirmen für insgesamt 34 Millionen Euro beauftragt, in der Geschäftswelt am Kap Kontakt zu den Entscheidungsträgern auf südafrikanischer Seite herzustellen. So sollte sichergestellt werden, dass das Ferrostaal-Konsortium bei der Ausschreibung für das U-Boot-Geschäft den Zuschlag erhält. Zudem sollten sie bei der Umsetzung der Offset-Verpflichtungen (Zivile Kompensationsprojekte für Rüstungsgeschäfte) behilflich sein.

Präsident verdächtigt

Bereits vor drei Jahren ging die Münchener Staatsanwaltschaft dem Verdacht nach, Ferrostaal habe Ende der 90er Jahre dem damaligen Staatschef Südafrikas, Thabo Mbeki, umgerechnet acht Millionen D-Mark gezahlt, um sich den Auftrag für den Bau der U-Boote zu sichern. Mbeki soll das Geld mit seinem Nachfolger, dem aktuellen Präsidenten Südafrikas, Jacob Zuma, geteilt haben. Außerdem soll er einen Teil der Summe seiner Partei ANC als Spende zugeschanzt haben. Beide haben die Anschuldigungen bestritten, ohne sich jedoch juristisch zur Wehr zu setzen. Das Verfahren ist eingestellt worden, da die Vorwürfe nie geklärt werden konnten.

Nun lassen sich allerdings aus dem Heuking-Papier und dem vertraulichen Bericht von Debevoise & Plimpton weitere Details des Geschäftes nachweisen, die auch die bereits eingestellten Ermittlungen in ein neues Licht setzen. So hatte Ferrostaal im Oktober 2002 bei einer Kreditauskunftsdatei Informationen über die Beratungsfirma Alandis (Greece) eingeholt, diese sei jedoch nicht zu identifizieren gewesen – bis heute nicht. Dennoch soll im Januar 2003 der damalige Unternehmenschef Matthias Mitscherlich gegen alle Bedenken seine Untergebenen angewiesen haben, eine Zahlung über rund zwei Millionen Euro an diese Firma auszulösen.

Auf Nachfrage wollte ein Sprecher des Unternehmens keine Stellung zum Südafrika-Geschäft nehmen.

Ob das Südafrika-Geschäft strafrechtlich in den aktuellen Ermittlungen in der Korruptionsaffäre gegen Ferrostaal eine Rolle spielen wird, ist mehr als fraglich. Das Verfahren verheddert sich im Gestrüpp der deutschen Ermittlungsbehörden. Die Staatsanwaltschaft München, die bereits erste Anklagen im Fall Ferrostaal erhoben hat, sagt, sie sei für den Südafrika-Komplex nicht zuständig. Andere Staatsanwaltschaften erklären, Ermittlungen seien bereits eingestellt worden.