Berlin. . Die Regierungskoalition plant eine Steuerentlastung von fünf bis 20 Euro pro Monat. Niedriglöhnern bringt das Modell der Regierung aber nur Cent-Beträge. Wir haben nachgerechnet.

Um 1,42 Euro pro Monat will die Bundesregierung Niedriglohnbezieher ab 2013 entlasten. Sehr hohe Einkommen würde die Steuersenkung mit etwa 30 Euro monatlich begünstigen. Für unsere Zeitung hat dies der Bund der Steuerzahler berechnet. Am Sonntagabend einigte sich die schwarz-gelbe Koalition außerdem darauf, den Beitrag zur Pflegeversicherung leicht anzuheben.

Welche Bürger profitieren 2013 wie viel?

Ein kinderloser Single mit 9000 Euro zu versteuerndem Einkommen würde ab 2013 im Vergleich zu heute 17 Euro jährlich weniger Steuern zahlen. Die monatliche Ersparnis betrüge 1,42 Euro. Bei einem Mittelstandseinkommen von 40 000 Euro wäre der Vorteil 76 Euro im Jahr, bei 250 000 Euro immerhin 116 Euro.

Wie hoch ist die Entlastung 2014?

In der zweiten Stufe der geplanten Steuersenkung ab 2014 hat der Niedriglohnempfänger mit 9000 Euro rund 54 Euro mehr pro Jahr. Bei 40 000 Euro macht der Vorteil 235 Euro aus, ab etwa 56 000 Euro aufwärts bis 250 000 Euro 364 Euro (rund 30 Euro monatlich). Diese Zahlen hat Steuerexperte Olaf Schulemann auf der Basis der am Montag bekannten Details der Koalitionsvereinbarung kalkuliert. Alle Einzelheiten waren aber noch nicht geklärt.

Was hat die Regierung beschlossen?

Durch die Steuerentlastung haben Bund, Länder und Gemeinden 2014 rund sechs Milliarden Euro weniger in ihren Kassen. Union und FDP planen, den Grundfreibetrag von heute 8004 Euro, unterhalb dem man keine Steuer zahlt, zum 1. Januar 2013 um 110 Euro anzuheben. 2014 folgt eine weitere Erhöhung um 240 Euro. Außerdem soll die Steuerbelastung für alle Steuerpflichtigen 2013 um 1,4 Prozent sinken, 2014 abermals um drei Prozent. Damit will die Regierung die Inflation der drei Jahre 2012 bis 2014 teilweise ausgleichen und der so genannten kalten Progression entgegensteuern. Dieser Effekt bedeutet, dass man durch die Inflation eigentlich nicht mehr Geld zur Verfügung hat, jedoch in eine höhere Steuergruppe rutscht und deshalb mehr Abgaben zahlt.

Kommt die Steuersenkung 2014 wirklich?

Das weiß man heute noch nicht. Die jetzige Regierung ist nur bis zur Bundestagswahl 2013 im Amt, danach gibt es eventuell einen Regierungswechsel. Ob sich eine neue Regierung an die Zusage der alten gebunden fühlt, ist fraglich. Gegenwärtig steht die Opposition der Steuersenkung kritisch gegenüber. Sie sei „auf Pump finanziert“, sagte SPD-Finanzpolitiker Joachim Poß.

Wie steht es mit der sozialen Gerechtigkeit?

Die Regierung löst ihr Versprechen ein, untere Einkommen zu entlasten. Dazu dient die Erhöhung des Grundfreibetrages. Die Koalition macht das aber nicht freiwillig. Sie ist rechtlich verpflichtet, das Existenzminimum von der Steuer zu verschonen. Deshalb muss, wenn die Preise steigen, auch das steuerfreie Existenzminimum wachsen. Außerdem kommen auch andere Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen in den Genuss der Steuersenkung. Allerdings verschweigt die Regierung gerne, dass Wohlhabende und Reiche, was die absoluten Euro-Beträge betrifft, viel stärker profitieren als Arme. Ausnahme: Im Bereich der Reichensteuer für Einkommen oberhalb von gut 250 000 Euro (Singles) und 500 000 (Verheiratete) soll die Entlastung wohl nicht gelten.

Gibt es gegenteilige Wirkungen?

Um Demenzkranke besser versorgen können, will die Regierung den Beitrag zur Pflegeversicherung ab 2013 um 0,1 Prozentpunkte anheben. Von den 1,42 Euro, die ein Niedriglohnbezieher mit rund 670 Euro zu versteuerndem Monatseinkommen steuerlich mehr hat, muss er somit 67 Cent gleich wieder abgeben. Unter dem Strich bleiben 75 Cent.