Berlin. . Vor allem Gutverdiener werden von den Steuererleichterungen profitieren, auf die die Regierungskoalition sich Sonntagabend geeinigt hat. Das hat der Bund der Steuerzahler ausgerechnet. Danach werden Menschen mit einem Jahreseinkommen von 54.000 Euro 2013 um 395 Euro entlastet, Geringverdiener mit 10.000 Euro Jahresgehalt sparen 19 Euro Einkommenssteuer.

Die von der Regierungskoalition geplanten Steuersenkungen werden vor allem Gutverdiener deutlich entlasten. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler, die den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe vorliegen, werden die Steuerzahler 2013 um maximal 395 Euro entlastet, und zwar ab einem Brutto-Jahreseinkommen von 54 000 Euro. Ein Geringverdiener mit 10 000 Euro Jahresgehalt spart dagegen nur 19 Euro Einkommensteuer.

Den Rechnungen zugrunde liegt ein um 110 Euro auf 8114 Euro angehobener Steuer-Grundfreibetrag sowie eine Verschiebung der Progressionszonen um 1,4 Prozent. Dies sehen die Steuerpläne der Koalitionen nach Informationen der WAZ-Mediengruppe vor.

2014 soll der Grundfreibetrag um weitere 240 Euro auf 8354 Euro und die Eckwerte der Progressionszonen um weitere drei Prozent erhöht werden. Daraus ergäbe sich 2014 eine Steuer-Ersparnis von maximal 652 Euro ab einem Jahreseinkommen von 56 000 Euro. Wer 10 000 Euro verdient, spart 61 Euro im Jahr.

Das Bündel der Beschlüsse der Regierungskoalition steht unter der Überschrift „Wachstumskräfte in Deutschland stärken“, präsentiert wurde es nach gut siebenstündiger Sitzung von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer. Hier die Punkte im einzelnen:

Bundesrat muss Steuersenkungen zustimmen

Steuererleichterungen: Seit Wochen lagen CDU, CSU und FDP bei diesem Thema über Kreuz. Die CSU brachte eine Absenkung des Solidaritätszuschlages ins Spiel. Letztendlich kamen aber Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Rösler im Grundsatz mit ihrem Vorschlag durch, die sogenannte „Kalte Progression“ für kleine und mittlere Einkommen abzumildern - also jenen Umstand zu ändern, dass Lohnerhöhungen durch den steigenden Steuertarif gleich wieder aufgefressen werden. In einem ersten Schritt werden die Bürger ab 2013 - dem Jahr der Bundestagswahl - um zwei Milliarden Euro entlastet. Schritt zwei mit einer Entlastungswirkung von vier Milliarden Euro soll erst zum Januar 2014 folgen, also nach der Wahl mit womöglich anderen Regierungsparteien. Die Länder müssen im Bundesrat zustimmen, ihnen soll die Mahlzeit dadurch schmackhaft gemacht werden, dass der Bund die Kosten für die Bekämpfung der Kalten Progression in Höhe von rund zwei Milliarden Euro allein übernimmt. Es bleibt abzuwarten, ob die SPD da mitzieht.

Mehr Unterstützung für Menschen mit Demenz

Pflege: Zur Verbesserung der Pflege soll es mehr Unterstützung für Menschen mit Demenz und die Einführung einer „Demografiekomponente“ geben. Der Pflegebegriff muss dazu noch definiert werden, vorher sollen eine Milliarde Euro mehr in die Pflege fließen. Zum 1. Januar 2013 steigt dazu der Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte - was 1,1 Milliarden Euro zusätzlich bringen kann. Die Lohnnebenkosten sollen trotzdem sinken, weil der Rentenbeitrag gleichzeitig um 0,3 Prozentpunkte zurückgefahren wird. Außerdem soll es im Pflegebereich eine freiwillige, private Zusatzvorsorge geben, die analog zur Riester-Rente steuerlich gefördert wird.

Betreuungsgeld: Hier hat sich die CSU dann doch noch durchgesetzt. Ab 2013 gibt es zunächst 100 Euro für Kinder im zweiten Lebensjahr. Ab 2014 sind es dann 150 Euro für das zweite und dritte Lebensjahr des Kindes. Die Christsozialen mussten leichte Abstriche hinnehmen, sie hätten sich die 150 Euro von 2013 an gewünscht. Eine Niederlage bedeutet der Koalitionsbeschluss aber für Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Die CDU-Politikerin wollte das Geld nur ein Jahr lang zahlen. Die FDP hatte gar kein Betreuungsgeld gewollt.

Eine Milliarde Euro zusätzlich für Deutschlands Straßen

Infrastruktur: Verkehrsminister Peter Ramsauer kann sich freuen. Der CSU-Politiker klagt schon seit langem, ihm fehle es an Geld, um Deutschlands Straßen in Schuss zu halten. Im nächsten Jahr bekommt er eine Milliarde Euro zusätzlich. Aber auch diese Summe wird nicht ausreichen, um das Verkehrsnetz insgesamt zu modernisieren. Im Februar soll es deshalb ein Treffen der Koalitionsspitze mit Ramsauer geben, der dann verschiedene Modelle zur Finanzierung der Verkehrswege vorstellen soll. Darunter könnte durchaus auch die Einführung einer Pkw-Maut sein - neuer Koalitionskrach inklusive, denn CDU und FDP halten wenig bis gar nichts von dieser Abgabe.

Zuzug von Fachkräften: Deutschland gehen die Fachkräfte aus, Besserung erhofft sich die Bundesregierung von Hochqualifizierten aus dem Ausland. Die kommen bislang aber nur zögerlich, unter anderem deshalb, weil sie bisher mindestens 66.000 Euro verdienen mussten, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Diese Grenze wird jetzt auf 48.000 Euro abgesenkt, was ein Punktsieg für die FDP ist. Die Liberalen hatten 40.000 Euro gefordert, die anderen Parteien hatten als Kompromiss zunächst 55.000 Euro angeboten. Die eigentlich unbefristete „Niederlassungserlaubnis“ ist aber futsch, wenn der Zuzügler innerhalb der ersten drei Jahre Transferleistungen wie Hartz IV in Anspruch nehmen muss. (we/dapd)