Düsseldorf. . Besonders erschreckend: Die Zahl der unter 20-Jährigen, die stark verschuldet sind, ist um 358 Prozent gestiegen. Experte fordert bessere Aufklärung in den Schulen. Insgesamt ist die Zahl der überschuldeten Deutschen aber gesunken.

Fast jeder zehnte Erwachsene in Deutschland gilt als so überschuldet, dass er seine Verbindlichkeiten wohl nicht in absehbarer Zeit begleichen können wird. Das zeigt der „Schuldneratlas 2011“ der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Insgesamt ist aber dank guter Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung die Zahl der überschuldeten Bundesbürger in diesem Jahr gesunken.

Verschuldet seien weiterhin vor allem Männer, sagte Creditreform-Vorstand Helmut Rödl am Donnerstag in Düsseldorf. Bei ihnen sei die Verschuldungsquote 2011 sogar gegen den Trend gestiegen. Viele Frauen hätten hingegen von der guten konjunkturellen Lage profitiert und sich aus der Schuldenfalle befreit, so Rödl. Insgesamt waren zum Stichtag 1. Oktober 6,41 Millionen Erwachsene in Deutschland überschuldet und damit 80.000 weniger als vor einem Jahr.

Viele jüngere Menschen schon verschuldet

Besorgniserregend ist der Trend bei den Jüngeren. Mittlerweile sei mehr als jeder vierte Überschuldete jünger als 30 Jahre, sagte Rödl. Seit Erhebung der Schuldnerzahlen im Jahr 2004 sei die Zahl der überschuldeten 20- bis 29-Jährigen um 46 Prozent gestiegen. Bei den unter 20-Jährige explodierte die Zahl förmlich um 358 Prozent.

„Wenn man einmal in der Falle sitzt, ist es relativ schwierig, dort wieder rauszukommen“, mahnte Rödl und forderte, das Finanzwissen der jungen Generation zu verbessern. Dies könne zum Beispiel durch Aufklärung in den Schulen geschehen.

Wuppertal mit zweithöchster Schuldnerquote

Doch nicht nur die Situation der Jüngeren, auch die Entwicklung bei den über 70-Jährigen gibt Anlass zur Sorge. Seit 2004 habe sich die Zahl der Überschuldeten in dieser Altersgruppe um 42 Prozent erhöht, sagte Rödl. Allein im Vergleich zum vergangenen Jahr nahm die Zahl der überschuldeten Senioren um sechs Prozent zu. Als Grund nannte Rödl die zunehmende Altersarmut und steigende Kosten für die Pflege.

Die geringste Schuldnerquote aller Bundesländer weist nach wie vor Bayern auf, wo knapp 6,9 Prozent der Erwachsenen als überschuldet gelten. Baden-Württemberg schafft es trotz eines leichten Anstiegs der Quote mit 7,5 Prozent erneut auf Platz zwei, gefolgt von Sachsen mit knapp 8,3 Prozent. Schlusslicht ist Bremen, wo fast 13,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung überschuldet sind.

Mit einer Quote von 10,5 Prozent liegt Nordrhein-Westfalen auf dem zwölften Platz.In der Liste der Städte mit der höchsten Schuldnerquote landet Wuppertal auf einem unrühmlichen zweiten Platz. Fast 17,9 Prozent der Bewohner gelten dort als überschuldet. Höher ist die Quote nur mit knapp 18,1 Prozent in Bremerhaven.

Insgesamt liegt die Verschuldung in Ostdeutschland niedriger als in Westdeutschland. Dies liege am Konsumverzicht und der vorsichtigeren Kreditnutzung im Osten, sagt Rödl.

Immer mehr Überschuldungsrisiken

Für die Zukunft äußerte sich der Creditrefom-Vorstand zurückhaltend. Durch immer häufigere Krisen sei bei den deutschen Verbrauchern zwar eine zunehmende Vorsicht bei Ausgaben festzustellen. Trotzdem mehrten sich die Überschuldungsrisiken. Denn zum einen trübten sich die konjunkturellen Aussichten ein, zum anderen mehrten sich atypische Arbeitsverhältnisse wie 400-Euro-Jobs oder befristete Verträge. Und auch im Wirtschaftsaufschwung eingegangene finanzielle Verpflichtungen dürften die Verbraucher in den kommenden zwei Jahren belasten, sagte Rödl. (dapd)