Berlin. . Die deutsche Wirtschaft wird im kommenden Jahre weniger wachsen – die Löhne aber kräftig steigen. Das sagen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Herbstgutachten voraus.
Trotz der befürchteten Konjunkturflaute sagen die führenden Wirtschaftsinstitute gute Zeiten für Arbeitnehmer voraus. Die Löhne dürften im kommenden Jahr kräftiger steigen und die Beschäftigung einen Rekordwert erreichen, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Herbstgutachten. Gleichzeitig werde die Inflation nachlassen.
Die Institute senkten wegen der europäischen Schuldenkrise ihre Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft im kommenden Jahr von 2,0 auf 0,8 Prozent. Grund dafür sei, dass sich die Schulden- zu einer Bankenkrise auszuweiten drohe. „Dies belastet zunehmend auch die deutsche Konjunktur“, warnen die Experten. „Die stark erhöhte Unsicherheit wird die inländische Nachfrage dämpfen, und der Außenhandel dürfte aufgrund der schwierigen Krise wichtiger Handelspartner nicht mehr zur Expansion beitragen.“ Für 2011 hoben die Institute wegen des starken Jahresauftakts ihre Vorhersage von 2,8 auf 2,9 Prozent an.
„Arbeitsmarkt wird nicht zurückgeworfen“
Die Beschäftigten können auch im Abschwung auf kräftige Lohnerhöhungen hoffen. Die tariflichen Stundenlöhne dürften um 2,5 Prozent zulegen und damit stärker als in diesem Jahr mit 1,8 Prozent. „Die Lohn- und Gehaltsrunde 2011 ist weitgehend abgeschlossen, mit vielen Vereinbarungen, die auch das Jahr 2012 betreffen“, schrieben die Institute. „Dabei zeigt sich, dass angesichts der günstigeren gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen deutlich höhere Abschlüsse getätigt wurden als in den Vorjahren.“
Der Arbeitsmarkt wird der Prognose zufolge von der Flaute kaum berührt. Die Zahl der Arbeitslosen wird demnach im kommenden Jahr um 153.000 auf rund 2,8 Millionen sinken, die Beschäftigung um fast 200.000 auf den Rekordwert von knapp 41,3 Millionen steigen. „Der Arbeitsmarkt dürfte von der kurzen wirtschaftlichen Stagnation nicht zurückgeworfen werden“, schrieben die Forscher. „Die Unternehmen werden zur Überbrückung der konjunkturellen Schwächephase zunächst auf flexible Arbeitszeitinstrumente zurückgreifen.“
Inflationsrate wird sinken
Entlastung kommt auch von der Preisfront. Die Inflationsrate wird demnach von 2,3 auf 1,8 Prozent fallen und damit wieder unter der Zwei-Prozent-Marke liegen, bis zu der die Europäische Zentralbank von stabilen Preisen spricht. „Ausschlaggebend hierfür dürfte der geringere Anstieg der Importpreise sein“, erwarten die Institute. „Der inländische Preisdruck wird hingegen leicht zunehmen.“ Maßgeblich dafür seien verstärkt anziehenden Lohnstückkosten. Auch der Staat drehe an der Preisschraube. „So werden Kommunen vielfach Gebühren erhöhen, um ihre Haushalte zu konsolidieren“, hieß es. „Zudem dürfte die Umgestaltung des Energiemix, bedingt durch die Abschaltung von Atomkraftwerken, den Stromverbrauch künftig verteuern.“
Die Gemeinschaftsdiagnose wurde von vier Konsortien von Wirtschaftsforschungsinstituten erstellt, zu dem das Münchner Ifo-Institut, das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) beteiligt. Sie dient der Bundesregierung als Grundlage für ihre eigene Konjunkturprognose am 20. Oktober. Diese Zahlen wiederum sind die Basis für die Steuerschätzung November und damit für die weitere Ausgabenplanung. (rtr)