Frankfurt/Main. . Deutsche-Bank-Chef Ackermann plädiert dafür, Euro-Problemstaaten unbedingt zu helfen. Das würde die Deutschen weniger kosten als die Beschädigung der Währungsunion. Ohne die EU wären sämtliche EU-Staaten nur noch „Randfiguren in der Weltpolitik“.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ist Kritik an der Unterstützung von Problemstaaten in der Eurozone wie Griechenland entschieden entgegengetreten. Die Kosten dafür seien „auch und gerade aus der Sicht Deutschlands geringer als die Kosten der Disintegration“ der Währungsunion, sagte er am Montag auf der „Handelsblatt“-Bankentagung in Frankfurt am Main.
Die Kosten-Nutzen-Rechnung der europäischen Integration dürfe zudem nicht zu eng angelegt werden, erklärte Ackermann. „Ich vermisse in der öffentlichen Diskussion bisweilen die größere Perspektive, die sich nicht nur auf die Aufrechnung von Hilfspaketen mit eingesparten Geldwechselgebühren beschränkt“, fügte er hinzu. Ohne die Europäische Union wären sämtliche europäischen Staaten „in einigen Jahren politisch wie wirtschaftlich nur noch Randfiguren in der Weltpolitik“.
Die Einführung gemeinsamer Staatsanleihen der Euroländer, sogenannter Euro-Bonds, lehnte Ackermann zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. So etwas sei überhaupt erst denkbar, wenn es eine integrierte europäische Wirtschaftspolitik gebe, wovon die Union aber noch Jahre entfernt sei.
„Übertreibungen, wenn nicht gar Panik“
In den aktuellen Marktturbulenzen sieht Ackermann Anzeichen von „Übertreibungen, wenn nicht gar Panik, und Herdenverhalten“. Viele Annahmen über das Funktionieren der Märkte hätten sich in der Krise als ungültig erwiesen. Die Akteure orientierten sich deshalb noch mehr als sonst an anderen Marktteilnehmern, „in dem nachvollziehbaren Kalkül, dass es immer noch besser ist, kollektiv als alleine falsch zu liegen“.
Ackermann fordert zudem eine schärfere Kontrolle des automatischen Börsenhandels durch die Branche, um die starken Ausschläge an den Märkten in den Griff zu bekommen. Es gelte Herdenverhalten und Ungleichgewichte an den Märkten zu vermeiden oder vermindern, sagte Ackermann am Montag in Frankfurt auf einer Konferenz des „Handelsblatts“. Notfalls müsse eine neutrale Instanz außerhalb der Märkte warnen oder sogar handeln, um dem Einhalt zu gebieten, schlug er vor. Automatische Computer-Verkaufsprogramme hatten die Talfahrt an den Börsen zuletzt deutlich beschleunigt.
EU kündigt schärfere Kontrollen an
Banken und Börsenbetreiber sollten nicht auf die Politik warten, mahnte der Deutsche-Bank-Chef. Sonst drohten Ge- oder Verbote. Ackermann rief die Betreiber von Handelsplattformen auf, ihre Hochfrequenz- und Algo-Handelsstrategien auf ihre Wirkung testen und das Gespräch mit den Aufsehern zu suchen.
Die EU-Kommission hat angekündigt, den superschnellen Computerhandel schärfer zu kontrollieren. Ein entsprechender Verordnungsentwurf soll in den nächsten Monaten veröffentlicht werden. Auch US-Finanzaufseher nehmen den Hochfrequenzhandel genauer unter die Lupe. (dapd/rtr)