Frankfurt. . Die Angst vor einem Börsencrash und unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft steigt: Nach zahlreichen Telefonkonferenzen gaben Bundeskanzlerin Merkel und Sarkozy eine Erklärung ab, in der sie die Beschlüsse des Euro-Gipfels vom Juli bekräftigten.
Die Angst vor einem Börsencrash und unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft hat die führenden Industriestaaten und Schwellenländern zum Handeln getrieben. Nach zahlreichen Telefonkonferenzen der G7 und der G20 gaben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Sonntagabend eine Erklärung ab, in der sie die Beschlüsse des Euro-Gipfels vom Juli bekräftigten.
Zugleich ermahnten sie Italien und Spanien, ihren verschärften Sparkurs vollständig und zügig umzusetzen. Zweifel am Vorgehen der Euro-Zone in der Schuldenkrise und einer konsequenten Sparbereitschaft der beiden südeuropäischen Staaten haben zuletzt massiv zur Verunsicherung der Märkte beigetragen.
Der Sog der Schuldenkrise
Deutschland und Frankreich wollen die im Juli vereinbarte Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF der Erklärung zufolge bis Ende September durch ihre Parlamente bringen. Der Euro-Rettungsschirm werde dann Anleihen am Sekundärmarkt kaufen können, hieß es. Basis dafür sei eine Prüfung der Europäischen Zentralbank und ein einvernehmlich gefasster Beschluss der Mitgliedstaaten der Währungsgemeinschaft.
Die Bundesregierung wolle damit der EZB das Signal geben, ab Montag auch italienische und spanische Anleihen aufzukaufen und damit die Refinanzierung der beiden Schwergewichte in der Euro-Zone zu erleichtern, berichtete das ZDF-Hauptstadtstudio unter Berufung auf Regierungskreise. Die dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone drohten zuletzt in den Sog der Schuldenkrise zu geraten und mussten ihren Geldgebern am Kapitalmarkt rekordhohe Zinsen bezahlen. „Frankreich und Deutschland sind zuversichtlich, dass die Analyse der EZB eine adäquate Grundlage für Interventionen an den Sekundärmärkten bilden wird,“ hieß es in der Erklärung. Sie werde dabei helfen, „den Fall festzustellen, in dem die Finanzstabilität des gesamten Euro-Währungsgebiets gefährdet ist“.
Ankauf italienischer Anleihen?
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Die EZB beriet am Abend Angaben aus ihrem Umfeld zufolge über den Ankauf italienischer Bonds. Notenbank-Chef Jean-Claude Trichet wolle, dass der EZB-Rat eine Entscheidung dazu treffe, sagte ein Vertreter. Sollten die Währungshüter den heftig umstrittenen Schritt tun, könnten die EZB und andere Notenbanken der Euro-Zone am Montag mit den Käufen beginnen.
Führende Volkswirte warnten, die EZB drohe mit den anhaltenden Aufkäufen zunehmend ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Die richtige Institution für Interventionen sei der EFSF, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der Wirtschaft Köln der „Welt“ (Montagausgabe). „Vor allem gerät dann die EZB nicht in Gefahr, von der Finanzpolitik überrollt zu werden.“ Bislang leisten vor allem Bundesbank-Chef Jens Weidmann und andere nordeuropäische Notenbanker massiven Widerstand gegen das Anleihekaufprogramm, mit dem die EZB seit vergangenem Jahr überschuldete Mitglieder wie Griechenland, Portugal und Irland flüssig hält. Die Notenbank übte zuletzt enormen Druck auf Italien aus, im Gegenzug für eine Aufnahme in das Programm den Schuldenabbau schneller und glaubwürdiger anzugehen.
Berlusconi will Haushalt 2013 angleichen
Merkel und Sarkozy lobten die Ankündigungen Italiens, seinen Haushalt nun bereits 2013 und nicht erst nach den nächsten Wahlen auszugleichen. Dieses Versprechen von Ministerpräsident Silvio Berlusconi sei von grundlegender Bedeutung. In Italien formiert sich allerdings bereits die Opposition gegen den schärferen Sparkurs. „Mit dieser Regierung, mit diesem Sparhaushalt ist kein Sozialpakt möglich“, sagte die Chefin der größten Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso.
Offen war, ob auf der anderen Seite des Atlantiks auch die USA Maßnahmen planen, die Finanzmärkte vor der Öffnung der asiatischen Börsen am frühen Montagmorgen zu beruhigen. Ein Sprecher von US-Präsident Barack Obama rief die Mitglieder des Kongresses am Wochenende lediglich zur Geschlossenheit auf. Erstmals in ihrer Geschichte gilt die größte Volkswirtschaft der Welt nicht mehr als absolut zuverlässiger Schuldner. Die Ratingagentur Standard & Poor’s stufte wegen wachsender Zweifel an der Finanzierung der Schulden die Kreditwürdigkeit der USA am Freitagabend auf die zweitbeste Note AA+ mit negativem Ausblick herunter. Dies verteuert nicht nur den Schuldendienst, sondern droht auch den Wert der US-Staatsanleihen zu mindern und die Weltleitwährung Dollar zu schwächen.
Der EZB-Rat werde auch über Maßnahmen beraten, die Kapitalmärkte bei einem massivem Abzug von Geld liquide zu halten, hieß es in den Kreisen weiter. Zum Höhepunkt der Finanzkrise haben die Notenbanken weltweit ihre Schleusen geöffnet, als die internationalen Geldströme wegen des um sich greifenden Misstrauens versiegten. (rtr)