Berlin. Der Atomausstieg wird für die deutschen Stromkunden höchstwahrscheinlich teuer. Vor allem Mieter könnten zur Kasse gebeten werden. Doch die Energiewende beschert den Bürgern auch steuerliche Vorteile. DerWesten erklärt, was uns erwartet.

Die Energiewende beschert Verbrauchern aller Voraussicht nach höhere Kosten. Allerdings winken auch neue finanzielle Vorteile. So erhalten Besitzer von Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern neue steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, die klimafreundliche Sanierungen attraktiver machen. Mieter könnten dagegen zur Kasse gebeten werden.

Hausbesitzer

Eigentümer profitieren demnächst von einer neuen steuerlichen Regelung. Klimafreundliche Heizungsanlagen, die den Kohlendioxid-Ausstoß und den Stromverbrauch verringern, werden zusätzlich bezuschusst. Zehn Prozent ihrer Investitionen können die Hausbesitzer unter bestimmten Bedingungen jährlich über zehn Jahre abschreiben, was die Steuerzahlung reduziert. Kostet die energetische Modernisierung der Heizung eines Zehn-Familien-Hauses rund 35 000 Euro, so könnte der Hausbesitzer seine zu versteuernden Gewinne aus den Mieteinnahmen pro Jahr um 3500 Euro senken.

Nicht nur Eigentümer größerer Wohnhäuser kommen in den Genuss der neuen Regelung. „Das richtet sich auch an die 13 Millionen Einfamilienhaus-Besitzer“, sagt Frank Ebisch vom Zentralverband des Sanitärgewerbes. Der Verband hatte sich für die Abschreibungsregelung stark gemacht. Beispiel: Investiert man 18 000 Euro in die Heizungsmodernisierung eines Einfamilienhauses, kann die steuerliche Ersparnis über zehn Jahre 6000 Euro erreichen.

Mieter

Für Mieter ist die neue Lage gemischt. Die höhere Förderung seitens des Staates reduziere die Sanierungskosten der Vermieter, sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des Mieterbundes. Vorteil für Mieter: Die Mieten steigen infolge der neuen Gesetze nicht zusätzlich. Es gibt aber auch die gegenteilige Auswirkung, weil parallel noch eine Änderung des Mietrechts verhandelt wird. Demzufolge müssten Mieter künftig energetische Sanierungen auch dann mitfinanzieren, wenn ihre eigenen Energiekosten dadurch nicht sinken. Bisher können Vermieter die Sanierung nur zu elf Prozent pro Jahr auf die Mieter umlegen, wenn auch diese einen finanziellen Vorteil durch die Umbauten haben.

Stromverbraucher

Private Stromkunden müssen in den kommenden Jahren mit steigenden Preisen rechnen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sprach am Montag von einer „moderaten Steigerung von einem Cent pro Kilowattstunde“. Ein normaler Privathaushalt würde dadurch mit „35 bis 40 Euro pro Jahr zusätzlich“ belastet, meint der Minister. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nimmt an, dass der Preis für Strom infolge des Atomausstiegs zulegt – allerdings nur leicht um 1,4 Prozent. Die Mehrbelastung für private Stromkunden würde damit bei zehn Euro pro Jahr liegen.

Vor stärker steigenden Preisen warnten in den vergangenen Monaten Wirtschaftsverbände wie der Verband der Industriellen Energiewirtschaft (VIK). Mit Erfolg: Die Regierung weitet für Unternehmen bis hinein in den Mittelstand die Deckelung der Strompreise aus. Steigende Kosten durch mehr Erneuerbare Energien belasten Firmen deshalb nur in geringem Maße. Insgesamt wachsen die Kosten nicht nur durch die Förderung der Öko-Energien, sondern auch durch das Abschalten der Atomkraftwerke, die bislang sehr billigen Strom herstellten.

Bürger

Die Planungszeit für Stromtrassen solle auf vier Jahre verkürzt werden, sagte Wirtschaftsminister Rösler. Sonst könnten die Windparks auf See nicht schnell genug angeschlossen werden und ihren Strom in die südlichen Bundesländer leiten. Rösler versprach, die Bürger „früher als heute“ in die Planung einzubeziehen. Wie schnellere Genehmigungen mit angeblich besserer Bürgerbeteiligung einhergehen, blieb Röslers Geheimnis. Verkehrsminister Ramsauer sprach von „einer Qua­dratur des Kreises“. Schnellere Planungsverfahren könnten durchaus zu einer Einschränkung der Bürgerbeteiligung führen.