Berlin. . Finanzminister Schäuble appelliert an seine EU-Kollegen, Griechenland zu unterstützen – per Umschuldung. Doch selbst in den eigenen Reihen ist eine Regierungsmehrheit fraglich. Die Euro-Regierungen bereiten derzeit ein neues Hilfsprogramm vor.
Der Widerstand in der schwarz-gelben Koalition gegen weitere Hilfen für Griechenland wird immer größer. Noch ist völlig offen, ob die Regierung eine weitere Mehrheit für neue Griechenland-Hilfen bekommt. Ein Scheitern könnte die Koalition ernsthaft gefährden.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat nun offen zugegeben, dass Athen neue Milliarden braucht, um den ungeordneten Bankrott zu vermeiden. Dies geht aus einem Schreiben an seine EU-Amtskollegen, den Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB) hervor. Wie hoch die neue Finanzspritze ausfallen muss, lässt er offen. Der Bedarf soll aus dem Bericht von EU-Kommission, EZB und IWF – hervorgehen. Im Gespräch sind 60 Milliarden Euro neben den bisherigen 110 Milliarden Euro. Ende Juni wollen die Staats- und Regierungschefs der EU über weitere Hilfen entscheiden.
Regierungserklärung zur Griechenland-Hilfe
Bei der Griechenland-Hilfe geht es Schlag auf Schlag. Am heutigen Mittwoch standen Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Fraktionen Frage und Antwort. Am Donnerstag tagen die Fraktionen erneut. Am Freitag gibt Schäuble eine Regierungserklärung ab. Dann sollen die Parlamentarier über Entschließungsanträge abstimmen, die der Regierung klare Vorgaben machen. Die FDP will darin verankern, dass Griechenland sein Sanierungskonzept umsetzt und die privaten Gläubiger – Banken und Versicherungen – beteiligt werden.
Dies schwebt Schäuble vor, und zwar durch eine Umschuldung. Die Investoren sollen ihre Griechenland-Anleihen gegen neue eintauschen und so die Laufzeit um sieben Jahre verlängern. „Das reicht nicht aus“, sagte der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch dieser Zeitung. Dessen Kollege Manfred Kolbe (CDU) forderte eine Umschuldung, wo die Gläubiger auf 50 Prozent der Schulden verzichten. Dies will die Union nicht machen.
Nicht nur bei CDU und CSU ist die Skepsis groß. „Es gibt viel Unmut in der Fraktion“, sagte FDP-Finanzexperte Frank Schäffler dieser Zeitung und legte Athen die Rückkehr zur Drachme nahe. „Wenn sich Griechenland entscheidet, sich aus der Zwangsjacke des Euros zu befreien, dann sollte Deutschland dies begleiten.“
Kanzlerin stützt Schäuble-Forderung nach Gläubigerbeteiligung
Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützte in den Regierungsfraktionen nach Angaben von Teilnehmern auch die Forderung Schäubles nach einer Beteiligung privater Gläubiger an einem neuen Hilfspaket. Schäuble erläuterte den Abgeordneten das Ergebnis des Troika-Berichts von EZB, EU und IWF zur Lage in Griechenland. Dieser stellt fest, dass Griechenland neue Finanzhilfen von außen braucht, um seine Schuldenprobleme zu lösen.
Um den erwarteten Unmut über neue Finanzhilfen abzufangen, forderte Merkel die Abgeordneten auf, ihre Forderungen offen vorzutragen. Diese sollen dann in die deutsche Verhandlungsposition münden, die Schäuble auf dem Euro-Finanzministertreffen am 20. Juni und Merkel auf dem EU-Gipfel am 24. Juni vertreten wollen. Ausdrücklich warnte die Kanzlerin vor einer Umschuldung Griechenlands, weil dies dann auch die Situation in Spanien und Italien gefährden könnte.
Brüderle von eigener Mehrheit der Koalition überzeugt
Griechenland müsse sein Steuersystem reformieren. Auch die EU-Strukturfonds müssten zielgerichteter eingesetzt werden. "Wenn Griechenland keine neuen Auflagen bekommt, wäre das auch ein schlechtes Signal für Portugal und Irland", wurde Merkel zitiert. Trotz Kritik einiger Abgeordneter von Union und FDP zeigte sich FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle vor der Sitzung überzeugt, dass es eine eigene Mehrheit der Koalition für die Euro-Beschlüsse gibt. Dazu gehört neben einem neuen Hilfspaket für Griechenland auch der ab 2013 geplante Rettungsschirm ESM.
Der am Mittwoch veröffentlichte Troika-Bericht stellt fest, dass Griechenland neue Finanzhilfen von außen braucht, um seine Schuldenprobleme zu lösen. "In Anbetracht der Unwahrscheinlichkeit einer Rückkehr Griechenlands auf die Finanzmärkte im Jahr 2012 ist das Anpassungsprogramm nun unterfinanziert", heißt es in den Ergebnissen der gemeinsamen Prüfungen der Troika, die Reuters vorlagen. "Die nächste Auszahlung (aus dem laufenden Griechenland-Hilfepaket) kann nicht stattfinden, bevor das Problem dieser Unterfinanzierung gelöst ist." Die Euro-Regierungen bereiten deshalb ein neues, möglicherweise über drei Jahre laufenden Hilfsprogramm vor. (Mit Material von Reuters)