Duisburg. . 131 Liter Wasser trinkt jeder Deutsche pro Jahr. Aus Duisburg kommen einige der über 500 heimischen Sorten
Es ist das einzige Lebensmittel, das in Deutschland eine amtliche Zulassung braucht. Ein Rundgang durch das Unternehmen Rheinfelsquellen in Duisburg-Walsum zeigt: Hinter dem nüchternen Etikett einer Mineralwasserflasche verbergen sich noch mehr Überraschungen.
Neben dem ehemaligen Bergwerk Walsum stapeln sich im Getränkemarkt „Glückauf“ 50 Sorten an Durstlöschern – vom stillen Wasser über die Sinalco bis hin zum Modegetränk mit Apfel-Kirsche-Rooibostee-Geschmack. Bis hierhin haben die Flaschen schon einen weiten Weg hinter sich.
Drei bis fünf Kilometer vom Firmensitz entfernt, im Naturschutzgebiet Rheinaue, sprudelt eine der neun Mineralwasserquellen des Ruhrgebiets. Zwölf Brunnen zapfen sie zwischen Weiden, Vogelgezwitscher und Heugeruch an.
20,9 Kubikmeter Wasser pro Stunde fördert die Pumpe von Brunnen J6f aus 140 Metern Tiefe. Der Schacht reicht 270 Meter tief, sechs unterirdische Stockwerke wasserführender Gesteinsschichten. „Das ist kein See“, betont Markus Heuvel, Abteilungsleiter für Mineralwasser, „man kann nicht einfach den Schalter umlegen und immer rauspumpen.“ Regen sorgt für Nachschub. Der ist nötig: 13,2 Milliarden Liter Mineralwasser wurden 2010 in Deutschland abgesetzt – das entspricht dem Inhalt der Ennepetalsperre. 13 000 Mitarbeiter in 210 deutschen Brunnenbetrieben löschten diesen Durst.
Per Pipeline in die Produktionsanlage
Per Pipeline kommt das Wasser in die Produktionsanlage. Dort fahren unter Zischen und Rauschen leere Flaschen in einen Puffer-Tank mit CO2-Atmosphäre ein. Damit die Flaschen nicht aus der Reihe tanzen, macht ein Gleitmittel die Transportbänder geschmeidig. Im Tank werden aus leeren Flaschen volle. Etwa eine Sekunde haben die Kohlensäurebläschen Zeit zu entweichen, dann sperrt der Deckel sie in der Flasche ein. Der Unterschied zwischen stillem Wasser und stark perlendem ist zwar auf der Zunge groß, auf der Waage aber gering: „Classic“ enthält sieben bis acht Gramm Kohlensäure pro Liter, „stilles“ Wasser vier bis fünf Gramm. Nur „naturell“-Wasser ist CO2-frei.
Vor einer Reihe Edelstahl-Tanks dreht Markus Heuvel an einer Schraube, und Wasser spritzt aus der Leitung. Aus der hohlen Hand genehmigt er sich einen Schluck. Das Wasser schmeckt kühl, klar und leicht süß. „Mineralwasser ist ein Naturprodukt, das so, wie es aus der Erde kommt, in die Flasche gefüllt wird“, betont er. Mineralien oder andere Stoffe dürfen nicht zugesetzt oder entzogen werden. Nur Luft raus und CO2 rein sind erlaubte Veränderungen.
Trotzdem kann das kühle Nass unterschiedlich schmecken. Für Marken der Rheinfelsquellen gab’s auf Feinschmeckermessen schon mehrfach Preise. Ein hoher Anteil an Chlorid und Natron sorgt für einen salzigen Eindruck auf der Zunge, während Schwefel bitter schmeckt.
Geschmacks-Grundlage
Diese Feinheiten sind der Grund dafür, warum jede Sprudelmarke ihren eigenen Brunnen haben muss. Die trennen zwar mitunter nur ein paar hundert Meter, doch die geschmackliche Grund-Lage ist eine völlig andere: Die unterschiedliche Mineralisierung des Bodens verleiht dem Wasser seinen Geschmack.
Damit der unverfälscht und in sauberen Flaschen transportiert wird, wäscht eine riesige Spülmaschine die Flaschen bei 85 Grad mit Natronlauge. Glasflaschen werden bis zu 50-mal neu befüllt, bevor sie recycelt werden, PET-Flaschen kommen 30-mal auf den Tisch. Anschließend trennt eine Maschine die einzelnen Etiketten von einander, so dass jede Flasche nur eines bekommt.
Im Sommer kommt die Duisburger Anlage an ihre Kapazitätsgrenzen. Deshalb wird in kühleren Zeiten vorproduziert. Auch bei mehr Durst wird aus den Rheinfelsquellen in absehbarer Zeit nicht mehr Wasser sprudeln. Denn dazu bräuchte es eine neue Mehrwegabfüllanlage. Kosten: 20 Millionen Euro.