Essen. . Das Bundeskartellamt hat über drei Jahre lang die Preisbewegungen an 400 Tankstellen beobachtet. Ergebnis: Fünf Benzin-Konzerne beherrschen den Markt. Aral und Shell preschen abwechselnd bei Preiserhöhungen vor.
Preisabsprachen kann das Bundeskartellamt der Mineralölwirtschaft zwar nicht nachweisen. Nach einer dreijährigen Untersuchung kommen die Wettbewerbshüter aber zu dem Schluss, dass fünf große Spritanbieter den deutschen Markt beherrschen. Weitere Fusionen will das Kartellamt deshalb nicht zulassen.
Nach Ostern hatte der Preis für den Liter Super-Kraftstoff erstmals die psychologische Hürde von 1,60 Euro überschritten. Mit Spannung wurden deshalb die Ergebnisse einer Studie des Bundeskartellamts erwartet. Über drei Jahre lang hat es die Preisentwicklungen jeweils an 100 Tankstellen in den Großräumen Hamburg, Köln, Leipzig und München genau beobachtet. Am Donnerstag will Kartellamtspräsident Andreas Mundt die Resultate präsentieren. Erste Einzelheiten, über die „Spiegel“ und „Bild am Sonntag“ berichten, sickerten aber schon am Wochenende durch.
Danach teilen sich die fünf großen Mineralölgesellschaften Aral/BP (23,5 Prozent Marktanteil), Shell (22 Prozent), Jet (zehn Prozent), Esso und Total (jeweils 7,5 Prozent) rund 70 Prozent des Kraftstoffabsatzes in Deutschland unter sich auf. Absprachen in Hinterzimmern hat dieses Oligopol gar nicht nötig. Die Wettbewerbshüter fanden laut Medienberichten in den vier untersuchten Regionen immer wieder dasselbe Schema vor: Die Marktführer Aral und Shell preschen abwechselnd bei Preiserhöhungen vor. Zumeist geschieht das am Wochenbeginn, vor Feiertagen und Ferien. Die anderen Gesellschaften schließen sich an.
Beobachtungssystem
Nach wenigen Stunden bröckelt die Preisfront aber schon wieder, weil kleinere Tankstellen-Ketten und auch Supermarkt-Anbieter versuchen, mit günstigeren Preisen die Autofahrer anzulocken. Das bleibt den Ölmultis natürlich nicht verborgen: Sie unterhalten bundesweit ein ausgeklügeltes Beobachtungssystem. Oft setzt sich der Tankwart auch selbst ins Auto, notiert sich die Spritpreise seiner Nachbar-Tankstellen und meldet seine Beobachtungen an die Zentrale.
Verlangen freie Tankstellen weniger für das Benzin, lenken in der Regel auch die Großen ein und senken die Preise. Nach einigen Tagen starten die Konzerne den nächsten Versuch. Den kleinen Tankstellen und Autofahrern, die gezielt günstigere Anbieter ansteuern, kommt in dem System also eine gewichtige Rolle zu. „Bild am Sonntag“ zitiert dazu den verkehrspolitischen Sprecher des Automobilclubs ADAC, Björn Dosch: „Die Mineralölgesellschaften schaukeln gegenseitig den Preis hoch. Erst wenn die Käufer streiken, geben die Preise auch wieder nach.“
Kritik am Kartellamt
Kartellamtschef Mundt will nun die Fusionskontrolle verschärfen. Den großen Mineralölgesellschaften soll so der weitere Zukauf freier Tankstellen erschwert werden.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg/Essen nennt die Erkenntnisse des Kartellamts mager: „Es ist schon verwunderlich, dass unser Kartellamt so lange braucht, um herauszufinden, was jeder Führerscheinneuling weiß. Etwas mehr Substanz vom Kartellamt hätte man sich schon gewünscht“, sagte Dudenhöffer dieser Zeitung.