Brüssel. . Während die Spekulationen an den Finanzmärkten zunehmen, gewöhnen sich die Griechen in ihrem Schuldenstaat an die Misere. Dennoch demonstrieren viele weiter gegen die Sparplälne der Regierung. Das bekommen auch Touristen zu spüren.

Griechische Misere: An den Finanzmärkten wächst die Sorge, dass die milliardenschweren Notkredite für Griechenland nicht ausreichen. Experten beurteilen die Kreditwürdigkeit des Euro-Staats immer schlechter. Zweifel keimen auf, ob Griechenland seinen Schuldenberg von über 330 Milliarden Euro auf ein erträgliches Maß abbauen kann. Dagegen bleibt die Stimmung in dem südeuropäischen Land relativ ruhig, auch wenn viele Menschen gegen die harschen Sparpläne der Regierung demonstrieren.

So werden an diesem Mittwoch auch Touristen in Griechenland den Unmut vieler Menschen gegen die drastischen Sparpläne der Regierung zu spüren bekommen. Gewerkschaften haben zu einem Streik aufgerufen, der unter anderem den Eisenbahn- und Fähr-Verkehr teils lahmlegen soll. Die griechische Regierung gerät aber nicht nur deswegen stärker unter Druck. Laut einer Umfrage liegen die Sozialisten mit Ministerpräsident Giorgos Papandreou nur noch 1,7 Prozentpunkte vor den Konservativen –21,9 Prozent würden derzeit die seit 2009 regierende Pasok-Partei wählen.

Griechen räumen ihre Konten noch nicht leer

Trotz alledem bleiben die fast zwölf Millionen Griechen recht gelassen. Schließlich drohte Griechenland bereits vor einem Jahr die Staatspleite. Daraufhin bewilligten die EU, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds bis 2013 Notkredite über 110 Milliarden Euro. Im Gegenzug muss der Staat kräftig sparen, unter anderem bei Renten und Löhnen.

„Die Leute gewöhnen sich an die Krise“, sagt der Soziologie-Professor Gerassimos Kouzelis von der Universität Athen. Soziale Unruhen drohten also nicht. Trotzdem steige die Angst vor dem Untergang: „Viele fragen sich: Soll ich mein Geld im Ausland anlegen?“

Bisher räumen die Griechen ihre Bankkonten aber nicht leer, betont die griechische Notenbank. Experten weisen allerdings darauf hin, dass viele Bürger ihre Ersparnisse anzapfen müssen. Denn Löhne im öffentlichen Dienst sänken und die Arbeitslosigkeit steige. Derzeit haben über 15 Prozent der potenziell Erwerbstätigen keine Stelle – ein Rekordwert und ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft schrumpft.

Keine Anzeichen für eine Panik

Zugleich schrumpfen die Erwartungen der Griechen an Europa, sagt Professor Kouzelis. Denn auch Europa könne Griechenland keinen Ausweg aus der Krise zeigen. Eine ähnliche Beobachtung macht Geschäftsführer Martin Knapp von der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in Athen. Derzeit kursierten in Europa viele Spekulationen über wirksame Rezepte gegen Griechenlands Schuldenmisere: zusätzliche Hilfskredite, ein Schuldenerlass oder gar ein Austritt aus der Eurozone. Angesichts solcher Diskussionen sorgten sich zwar viele Griechen, doch Anzeichen für eine Panik sieht Knapp nicht. Europa werde schon aus Eigeninteresse nicht zulassen, dass es in Griechenland zum Schlimmsten komme.

Das glaubt Finanzmarkt-Fachmann Michael Schröder vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ebenfalls. „Gerade öffentliche Gläubiger haben kein Interesse daran, dass Griechenland aus der Eurozone austritt – alle werden alles tun, um das zu verhindern“, sagt er. Griechenland hat sich bei Banken, Versicherern oder Pensionsfonds aus Deutschland und Europa Geld geliehen. Auch die Europäische Zentralbank – an ihr sind die europäischen Staaten beteiligt - ist eine Gläubigerin.

Derweil kamen am Dienstag Gerüchte auf, dass ein neues Hilfspaket für Griechenland 60 Milliarden Euro schwer sein könnte. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, für Aussagen zu etwaigen neuen Notkrediten sei es zu früh. Derzeit prüften Experten routinemäßig die Lage. Erst wenn ihr Bericht vorliege, könne über mögliche neue Schritte für Griechenland nachgedacht werden.