Essen. . Schon jetzt sind die Stromkosten durch staatliche Abgaben europaweit Spitze. Ab dem Jahr 2013 könnten sie weiter steigen – auch wegen der Belastung durch CO2-Zertifikate.

Die Vorhersage der Strompreisentwicklung bei einem schnellen Atomausstieg gleicht dem Blick in die Glaskugel. Angesichts dieser Ungewissheit ist die Sicht der Industrie von einer guten Portion Furcht begleitet. Vor steigenden Kosten und sinkender Wettbewerbsfähigkeit.

Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundes der deutschen Industrie (BDI) warnt vor einer Kostenexplosion für die stromintensiven Branchen bei einem zu schnellen Atomausstieg. Es drohten dramatische Folgen für Produktion und Arbeitsplätze.

Doch schon jetzt gilt: Im europäischen Vergleich belastet der Strompreis deutsche Unternehmen erheblich. Während Deutschland nach Angaben des statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) bei den Basisstromkosten für industrielle Verbraucher nur im Mittelfeld liegt, nimmt es den zweiten Platz ein, sobald staatlich bedingte Abgaben, wie die EEG-Umlage, in die Rechnung fließen. Spitzenreiter ist Zypern. In Frankreich, Italien, Spanien oder den Benelux-Staaten, in denen viele Mitbewerber deutscher Firmen sitzen, liegen diese Kosten teilweise deutlich niedriger. Betrachtet man Steuern und staatliche Abgaben isoliert, war Deutschland schon vor der Erhöhung der EEG-Umlage auf 3,5 Cent Spitzenreiter. Nach der Anhebung der Umlage wächst die Abgabenlast so stark, dass sie im Vergleich zu Frankreich siebenfach höher liegt. „Es gibt Betriebe, da macht die Erhöhung der EEG-Umlage eine höhere Belastung aus als der Tarifabschluss“, sagt Detlef Braun, Geschäftsführer von Zitex, einer Vereinigung der NRW-Textilindustrie.

Strom ist keine berechenbare Größe mehr

Unternehmen mit hohem Energiebedarf stehen ab 2013 vor einer neuen Belastung. Sie müssen im Zuge des europäischen Zertifikatehandels CO2-Verschmutzungsrechte zukaufen. Hinzu kommt, dass auch die Stromkonzerne diese Zertifikate dann voll bezahlen müssen – und die Mehrkosten wohl auf den Preis schlagen.

Annette Loske, Hauptgeschäftsführerin des Essener Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft, weist darauf hin, dass als Folge des Moratoriums der Preis für eine Megawattstunde Strom um sieben Euro gestiegen sei. Das könne für einen kleinen industriellen Kunden mit einem Verbrauch von 50 Gigawattstunden pro Jahr eine Mehrbelastung von 350 000 Euro bedeuten. Dass Stromkosten keine berechenbare Komponente mehr seien, habe Einfluss auf Unternehmensentscheidungen, anstehende Investitionen könnten in andere Länder fließen. Loske: „Wir müssen nicht mehr in die Glaskugel schauen, die Preiserhöhung ist längst Realität.“