Middelhoff läutet nächste Runde in der Arcandor-Schlacht ein
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Essen. . Ein umstrittenes Geschäft mit Karstadt-Immobilien könnte den einstigen Arcandor-Konzernchef Thomas Middelhoff teuer zu stehen kommen. Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg verlangt eine Millionensumme vom Manager. Middelhoff plant nun seinerseits eine Schadenersatzklage - im Visier hat er Görg.
Die Tür zum Gerichtssaal ist gerade geschlossen, da legt der Anwalt von Thomas Middelhoff nach. Im Auftrag seines Mandanten formuliere er gerade eine Schadenersatzklage gegen Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg, sagt Winfried Holtermüller. Der Vorwurf lautet Rufschädigung.
Eine Anzeige wegen „versuchten Prozessbetrugs“ hat Middelhoff ohnehin schon einreichen lassen. Diesmal gehe es um „dicke zweistellige Millionenbeträge“. Durch überzogene Vorwürfe des Insolvenzverwalters seien Middelhoff Geschäftschancen in erheblichem Umfang verbaut worden, sagt dessen Anwalt. Das entgangene Geld wolle sich Middelhoff nun von Görg wiederholen.
Es zeichnet sich also ein weiteres Gerichtsverfahren rund um den Niedergang des früheren Karstadt-Mutterkonzerns ab. Der spektakuläre Schadenersatzprozess, der am Mittwoch vor dem Essener Landgericht begann, war nur der Auftakt zu einer monatelangen juristischen Schlacht. Allein am Mittwoch schickten Görg, Middelhoff und Co. 22 Juristen ins Rennen.
Im Mittelpunkt des Verfahrens steht der einstige Arcandor-Chef Middelhoff. Der ebenso schillernde wie umstrittene Manager musste diesmal nicht vor Gericht erscheinen. Er schickte drei Anwälte. Middelhoff war einmal der Strahlemann unter Deutschlands Managern. Nun kämpft er um seine verlorene Ehre – und um viel Geld. Insolvenzverwalter Görg fordert vom Ex-Konzernchef und zehn weiteren ehemaligen Arcandor-Managern die rekordverdächtige Summe von 175 Millionen Euro.
Firmenpleiten des Jahres
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Nach ersten Signalen der Essener Kammer für Handelssachen und ihrer Vorsitzenden Richterin Regina Pohlmann zeichnet sich allerdings ab, dass Middelhoff – wenn überhaupt – wohl deutlich weniger zahlen muss als von Kläger Görg gefordert. Hintergrund der Schadenersatzforderung ist der Verkauf von fünf Immobilien der früheren Arcandor-Tochterfirma Karstadt an den Oppenheim-Esch-Fonds des Kölner Vermögensverwalters Josef Esch. Nach Einschätzung von Görg waren die Verkaufspreise für die Karstadt-Immobilien zu gering und die Mieten zu hoch. So sei dem Konzern der Schaden in Höhe von 175 Millionen Euro entstanden.
Görg muss nachbessern
Die Immobiliengeschäfte wurden abgeschlossen, bevor Middelhoff Vorstandschef wurde – nämlich zu Zeiten seines Vor-Vorgängers Wolfgang Urban. Görg bemängelt, Middelhoff und seine Vorstandskollegen hätten die Nachteiligkeit der Mietverträge erkennen und die beteiligten Vorstände in Regress nehmen müssen. Pikant: Auch Middelhoff war an den Immobilien-Fonds beteiligt.
Middelhoff war im Mai 2005 an die Spitze des Arcandor-Vorstands gerückt. Vier Jahre später musste er gehen, wenige Monate später war der Konzern pleite. Die umstrittenen Verkauf- und Mietverträge stammen aus den Jahren 2001 bis 2003. Middelhoffs Anwälte sehen die Vorwürfe als verjährt an. Dieser Auffassung folgte Richterin Pohlmann in einer ersten Einschätzung nicht. Dies kann Görgs Kanzlei als Erfolg verbuchen.
Doch Görg musste am Mittwoch auch einen juristischen Rückschlag hinnehmen. Richterin Pohlmann sagte, nach bisheriger Bewertung seien Pflichtverletzungen nur bei einem der fünf Immobiliengeschäfte erfolgt – und zwar im Fall Wiesbaden. Görg hatte den Schaden für Karstadt aus dem Geschäft auf rund 58 Millionen Euro beziffert. Doch diese Berechnungen seien in den Augen der Kammer „nicht schlüssig“, so die Richterin. Die Kanzlei des Insolvenzverwalters muss also nachbessern. Görgs Sprecher Thomas Schulz kündigte an: „Wir werden unsere Hausaufgaben machen.“
Stimmen zur Arcandor-Insolvenz
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Nächster Gerichtstermin Ende August
Für den 31. August hat das Gericht den nächsten Sitzungstermin anberaumt. Dann könnte auch eine erste Entscheidung fallen. Sechs mitangeklagte ehemalige Arcandor-Aufsichtsräte – unter ihnen Ex-Aufsichtsratschef Hero Brahms und der frühere Rewe-Chef Hans Reischl – können auf eine Abweisung der Klage hoffen. Nach der vorläufigen Auffassung des Gerichts haben sie keine Pflichtverletzungen begangen. Ob dies auch für Middelhoff und die weiteren Ex-Vorstände gilt, ließ Richterin Pohlmann ausdrücklich offen.
Das Gericht sehe deutliche Anzeichen für Pflichtverletzungen der Vorstände, sagte Pohlmann. Womöglich habe Middelhoff nach seinem Amtsantritt nicht ausreichend versucht, den Vollzug nachteiliger Verträge mit den Oppenheim-Esch-Fonds zu verhindern.
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