Berlin. . Der 42-jährige Jens Weidmann wird als Nachfolger von Axel Weber als Präsident der Deutschen Bundesbank gehandelt. Der Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel verbindet Stabilitäts- und Europaorientierung.

Angela Merkels wichtigster Mann lehnt irgendwo hinten an der Kabinenwand und steuert kurz ein Info-Detail bei, wenn die Kanzlerin ihn anspricht. Dann verschwindet Jens Weidmann bald und liest noch ein paar Akten. So war es oft, wenn Merkel auf dem Rückflug von Gipfeltreffen ein abendliches Plauderstündchen mit Journalisten abhielt. Nun könnte der 42-jährige Weidmann die Nachfolge von Axel Weber als Präsident der Deutschen Bundesbank antreten.

In Selbstverständnis und Auftreten ist der Wirtschaftsberater im Kanzleramt weniger Politiker als vielmehr politischer Beamter. Dieses Profil begünstigt seinen Wechsel zur Bundesbank, die auf Unabhängigkeit von der Politik bedacht ist. In diesen Tagen laufen zwischen Regierung und Opposition letzte Abstimmungen. In Kürze dürfte die Personalie verkündet werden.

Vorbehalte gegen Weidmann gibt es aber nicht nur aus der Opposition: Frank Schäffler, Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion, sagte, er halte es mit der politischen Unabhängigkeit des Amtes als Bundesbank-Chef „nicht vereinbar“, dass jemand aus dem Kanzleramt direkt in diese Position wechsele. Ähnliche Stimmen sind auch aus dem rot-grünen Lager zu hören.

Ein Student Webers

Ausgelöst wird die Rochade durch Webers Entscheidung, weder eine zweite Amtszeit als Bundesbank-Präsident noch eine Kandidatur für den Chefsessel der Europäischen Zentralbank (EZB) anzustreben. Während die Ansprüche der Bundesregierung auf die Be­setzung des EZB-Chefs so unrealistischer geworden sind, braucht Merkel aber zumindest einen guten Ersatz für die Bundesbank.

Jens Weidmann wuchs in Solingen auf, studierte Ökonomie unter anderem bei Axel Weber, als dieser noch Professor war, ging später zum Internationalen Währungsfonds und wurde dann Generalsekretär des Sachverständigenrates, der die Bundesregierung berät. Nach einer dreijährigen Station als Chef der geldpolitischen Abteilung der Bundesbank empfahl ihn Weber ans Bundeskanzleramt.

Traditionelle Orientierung der Bundesbank

Der parteilose Weidmann ist ein pragmatischer Marktliberaler. Zu seinen Anliegen dürfte es gehören, die traditionelle Orientierung der Bundesbank an der Geldwertstabilität fortzusetzen. Diese Position wird Weidmann auch in den Gremien der EZB vertreten. So teilt er Webers Kritik an der Politik des scheidenden EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet, der abgewertete Staatsanleihen hoch verschuldeter Länder wie Griechenland aufkaufen ließ und die schwachen Staaten mittels der Notenpresse mit Geld versorgte. Wie Axel Weber hält auch Jens Weidmann dies für eine Gefährdung des Euro-Wertes.

Andererseits war Weidmann wesentlich daran beteiligt, den europäischen Rettungsfonds zu konstruieren und schwache Euro-Staaten vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Auch kann er sich damit anfreunden, dass die Euro-Zone gemeinsame An­leihen herausgibt, damit die schwachen Staaten von den besseren Kreditkonditionen der starken Länder profitieren.

Mit Weidmann an der Spitze könnte die Haltung der Bundesbank etwas weniger deutsch und stattdessen europäischer werden.