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Ab April verhandelt das Landgericht Essen über die Millionen-Schadensersatzklage von Arcandor-Insolvenzverwalter Görg. Die Entscheidung ist brisant. Ein weiteres Verfahren läuft schon. Und eine Verurteilung Middelhoffs könnte zu einer Klagewelle führen.

Es war der Auftakt für eine Serie juristischer Aufarbeitungen der Ära Middelhoff. Ende vergangener Woche musste der einstige Arcandor-Chef erstmals seit der Insolvenz des Konzerns vor Gericht aussagen. Nun steht Middelhoff ein weiterer spektakulärer Gerichtstermin ins Haus. Am 13. April beginnt ebenfalls vor dem Essener Landgericht das Verfahren um eine millionenschwere Schadensersatzforderung von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg. „Der Termin für den Beginn der Verhandlung steht fest“, sagte Landgerichtssprecher Wolfgang Schmidt auf Anfrage dieser Zeitung.

Im Juli 2010 hatte der Insolvenzverwalter den ehemaligen Arcandor-Chef und weitere Topmanager auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt rund 175 Millionen Euro verklagt. Auslöser für die Klage beim Essener Landgericht ist der umstrittene Verkauf mehrerer Karstadt-Immobilien an den Oppenheim-Esch-Fonds. Die Immobilien waren anschließend nach Einschätzung von Görg überteuert zurückgemietet worden. Außerdem sei von Middelhoff und Co. versäumt worden, mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Schlüsselfiguren dieses Geschäfts geltend zu machen. Middelhoff selbst bestritt die Vorwürfe stets.

Middelhoff unter Druck

Middelhoff gerät auch in dem Verfahren, in dem er bereits vor dem Essener Landgericht aussagen musste, stärker unter Druck. Der einstige Arcandor-Sprecher Jörg Howe hatte E-Mails vorgelegt, die Zweifel an der Korrektheit von Middelhoffs Äußerungen vor Gericht schüren. „Die Luft wird dünn für Middelhoff“, sagte dazu Marc Tüngler, der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Viele Anleger von Arcandor haben bisher gedacht, sie würden leer ausgehen. Jetzt könnte sich herausstellen, dass es sich doch lohnt, Ansprüche geltend zu machen.“

Der Kläger in dem Verfahren gegen Middelhoff ist Jan-Eric Peters, der Chefredakteur der Zeitung „Die Welt“. Peters hatte als Privatmann mehr als 50 000 Euro verloren, weil er den Aussagen Middelhoffs Vertrauen schenkte und im September 2008 in Arcandor-Aktien investierte. Nun fordert der Journalist Schadensersatz. Die Frage lautet, ob Middelhoff die Aktionäre durch öffentliche Äußerungen bewusst falsch informiert hat, um den Aktienkurs von Arcandor in die Höhe zu treiben. Middelhoff weist auch diese Vorwürfe entschieden zurück.

Die Frage ist: Hat sich Middelhoff korrekt geäußert?

In dem Verfahren geht es unter anderem um Äußerungen des damaligen Konzernsprechers Howe, der noch am 24. September 2008 einen Verkauf der lukrativen Arcandor-Touristiksparte Thomas Cook ausgeschlossen hatte. Peters sagte vor Gericht, er habe auch deshalb Aktien von Arcandor gekauft. Doch schon am Abend desselben Tages hatte der Konzern in einer Mitteilung angekündigt, nun auch eine Reduzierung der Cook-Beteiligung zu prüfen.

Für Peters ist es unvorstellbar, dass der Konzernsprecher bei seinen Äußerungen ohne Rücksprache mit Middelhoff agierte. Vor Gericht wurde Middelhoff gefragt, ob er seinem damaligen Vertrauten gesagt habe, wie dieser auf etwaige Anfragen zu Thomas Cook zu antworten habe. „Nein“, sagte er und bewertete die Äußerungen seines Sprechers als dessen persönliche Interpretationen.

„Die Schlinge zieht sich zu“

Howe widersprach der Darstellung Middelhoffs entschieden und legte dem Gericht als Beleg E-Mails vor, mit denen er die Führungsspitze von Arcandor über seine geplanten Äußerungen zum Thomas-Cook-Verkauf auf dem Laufenden hielt. Howe schrieb: „Ich bleibe bei meinem Dementi: Thomas Cook wird nicht verkauft, auch nicht in Teilen.“ Howe überreichte dem Gericht auch E-Mails von Arcandor-Vorständen zu diesem Thema. In einer Mail von Middelhoff hieß es: „Exakt! Die sollen uns endlich mal in Ruhe lassen.“ Aktionärsschützer sind alarmiert. Mit Blick auf Middelhoff sagte DSW-Geschäftsführer Tüngler: „Die Schlinge zieht sich zu.“

Das Landgericht Essen will sich die Sachlage in dem Verfahren offenbar noch einmal genauer ansehen. Anders als geplant hat das Gericht noch keinen Termin zur Verkündung einer Entscheidung bekannt gegeben. Womöglich sollen im Frühjahr weitere Zeugen vor Gericht aussagen. Im Falle eines Urteils gegen Middelhoff rechnet die DSW mit einer Klagewelle.