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Vor dem Essener Landgericht muss sich der einstige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff gegen Vorwürfe eines Aktionärs wehren. Es ist das erste Mal seit der Insolvenz, dass sich der umstrittene Manager in Sachen Arcandor vor Gericht äußern muss.
Thomas Middelhoff tut, was er so oft getan hat, als er sich als Chef des Arcandor-Konzerns in der Öffentlichkeit zeigte: Er lächelte. Nur ist Middelhoff eben nicht mehr Konzernchef. Und der Saal, den er betritt, ist kein Konferenzraum für Finanzanalysten, sondern das Landgericht Essen. Dort muss sich Middelhoff gegen Vorwürfe wehren, Anleger bewusst über die Lage des Karstadt-Mutterkonzerns getäuscht zu haben.
Es ist das erste Mal seit der Insolvenz, dass sich der umstrittene Manager in Sachen Arcandor vor Gericht äußern muss. Der Fall mit dem Aktenzeichen 4 O 244/09 ist gewissermaßen der Auftakt für die juristische Aufarbeitung der Ära Middelhoff. Auch Staatsanwälte ermitteln gegen den umstrittenen Manager.
In Raum 201 des Essener Landgerichts ging es am Donnerstag indes zunächst einmal um die Klage eines Privatmanns. Jan-Eric Peters, der Chefredakteur der Zeitung „Die Welt“, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Manager. Peters verlor als Privatmann mehr als 50 000 Euro, weil er den Aussagen Middelhoffs Vertrauen schenkte und im September 2008 in Arcandor-Aktien investierte. Nun verklagt der Journalist den einstigen Vorstandschef und fordert Schadenersatz. Middelhoff weist den Vorwurf, er habe „Kurspflege“ betrieben, entschieden zurück.
„Das ist völliger Quatsch“
Obwohl für den Manager mehr als nur sein ohnehin angekratzter Ruf auf dem Spiel steht, gibt sich Middelhoff im Gerichtssaal betont gelassen. Er trägt einen dunklen Anzug und eine hellblaue Krawatte, seine Gesichtsfarbe sieht sehr gesund aus. Sein gesamtes Auftreten suggeriert: Hier geht es um ein alltägliches Geschäft. Wie heikel das Verfahren für Middelhoff allerdings ist, zeigt schon die Tatsache, dass ihn gleich zwei Anwälte begleiten. Middelhoff hat sich mit einem prall gefüllten Aktenordner munitioniert. Schließlich könnte es weitere verärgerte Aktionäre auf den Plan rufen, sollte Peters vor Gericht Erfolg haben.
Der Fall dreht sich um die dramatischen Tage im September 2008. Seit Jahresbeginn hatte die Aktie massiv an Wert eingebüßt. Peters – zu dieser Zeit Leiter der Axel Springer Akademie – sah einen guten Zeitpunkt gekommen, Arcandor-Aktien zu kaufen. Schließlich hatte Middelhoff beteuert, eine Kapitalerhöhung – die in aller Regel den Kurs drückt – sei nicht geplant. Auf die Frage, ob das Unternehmen nicht doch über eine Kapitalerhöhung nachdenken müsse, antwortete Middelhoff in einem am 22. September veröffentlichten Interview: „Das ist völliger Quatsch. Eine Kapitalerhöhung ist nicht geplant.“
Zudem lieferte Middelhoffs Sprecher Jörg Howe kurz darauf ein weiteres beruhigendes Signal. Arcandor werde sich nicht von der ertragsstarken Touristik-Tochter Thomas Cook trennen. Noch am 24. September erklärte der Konzernsprecher zunächst: „Wir verkaufen Cook nicht.“ Doch am Abend wurde ein krasser Kurswechsel bekannt. Plötzlich schloss Arcandor einen Teilverkauf von Thomas Cook nicht mehr aus. Wenige Tage später wurde auch eine Kapitalerhöhung besiegelt. Die Arcandor-Aktie stürzte ab – auch zum Schaden des Anlegers Peters.
Middelhoffs Geheimplan für Thomas Cook
Ob er nicht damit habe rechnen müssen, dass es Nachfragen beim Pressesprecher zu einem möglichen Thomas-Cook-Verkauf geben würde? „Ich habe nicht damit gerechnet“, sagt Middelhoff. Ob er seinem Sprecher gesagt habe, wie dieser auf etwaige Anfragen zu Thomas Cook zu antworten habe? „Nein.“ Middelhoff wertet die Äußerungen zur Touristik-Tochter als persönliche Interpretationen seines Sprechers. Dieser sei nicht in die Erwägungen zu einem Verkauf von Cook eingeweiht gewesen. „Das war höchste Geheimhaltungsstufe“, sagt Middelhoff. Für Peters ist es dagegen unvorstellbar, dass der Arcandor-Sprecher bei seinen öffentlichen Aussagen ohne Rücksprache mit dem Vorstandschef agierte.
Eine gütliche Einigung zwischen Middelhoff und Peters gilt jedenfalls als so gut wie ausgeschlossen.