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Vorentscheidung im Übernahmekampf um den Essener Baukonzern. Der spanische ACS-Konzern hat nun freie Hand. Wie geht es nun weiter?

ACS ist fast am Ziel. Der von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez geführte Baukonzern hält nun mehr als 30 Prozent der Anteile am Essener Traditionsunternehmen Hochtief. Damit hat ACS freie Hand, weitere Aktienpakete des größten deutschen Baukonzerns zu kaufen und die Mehrheit zu übernehmen.

Hat Hochtief den Kampf gegen ACS verloren?

Die Chancen des Revierkonzerns, doch noch seine Unabhängigkeit zu bewahren, stehen denkbar schlecht. „Die Schlacht scheint geschlagen“, urteilt Marc Tüngler, der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Warum ist die 30-Prozent-Schwelle so wichtig?

Normalerweise muss ein Konzern ein Pflicht-Übernahmeangebot machen, sobald er 30 Prozent an einem anderen Unternehmen hält. Da die 30-Prozent-Marke im Fall Hochtief aber im Zuge eines Angebotes übersprungen wurde, entfällt laut Wertpapier-Übernahmegesetz die Pflicht zu einer weiteren Offerte. Davon profitiert ACS, weil sich der Konzern nun zu günstigen Kursen mit Hochtief-Aktien eindecken kann.

Welche Möglichkeiten bleiben Hochtief noch?

Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter bleiben kaum noch Möglichkeiten, die Übernahme abzuwehren. Hoffnungen ruhen auf der Finanzaufsichtsbehörde Bafin, die überprüfen muss, ob ACS die Regeln eingehalten hat. Im Fokus steht die Frage, ob sich ACS und der US-Investmentfonds Southeastern Asset Management womöglich frühzeitig verdeckt abgestimmt haben. Dies wäre nicht zulässig. Southeastern hatte wenige Wochen, bevor ACS das Übernahmeangebot bekannt gab, Hochtief-Aktien gekauft.

Außerdem klagen in Spanien Aktionärsschützer gegen die Kapitalerhöhung, mit der ACS die Hochtief-Übernahme finanzieren will. Nach Einschätzung der Hochtief-Führung ist erst in einigen Tagen klar, ob ACS dauerhaft die 30-Prozent-Schwelle übersprungen hat. Hochtief verweist auf eine siebentägige Rücktrittsfrist für Anleger, die ACS ihre Aktien angeboten haben.

Kann Hochtief noch auf Katar als Retter hoffen?

Als Katar kürzlich bei Hochtief einstieg, wurde das Emirat als schützender „weißer Ritter“ im Abwehrkampf gegen ACS begrüßt. Danach ist es still geworden um die Ölmilliardäre. Denkbar sei, dass Katar doch noch eine Sperrminorität von gut 25 Prozent erwerben könnte, spekuliert Marc Tüngler. Dies sei aber „eher unwahrscheinlich“.

Welche Pläne verfolgt ACS?

Mit der Übernahme von Hochtief will ACS zu einem weltweit führenden Baukonzern aufsteigen. Seit dem Platzen der spanischen Immobilienblase ist ACS allerdings hoch verschuldet. Daher befürchtet der Hochtief-Betriebsrat, dass sich der Konzern auf Kosten des praktisch schuldenfreien Essener Unternehmens sanieren will.

Wie geht es weiter?

Bei der Hauptversammlung am 12. Mai in der Essener Grugahalle könnte ACS wirklich die Macht bei Hochtief übernehmen. In der Regel reichen 30 Prozent der Anteile, um Abstimmungen für sich zu entscheiden, da nicht alle Anteilseigner zum Aktionärstreffen kommen. „Dann wird ACS-Chef Florentino Perez sein wahres Gesicht zeigen. Ob er – wie angekündigt – nichts ändert, oder ob er durchregiert und den Aufsichtsrat neu besetzt“, sagt Aktionärsschützer Tüngler. Dann entscheide sich auch die Zukunft von Lütkestratkötter, intern „Dr. Lü“ genannt. „Wer den Aufsichtsrat neu besetzt, besetzt auch den Vorstand neu. Dann würde Dr. Lü gehen.“