Essen/Berlin. .

Der Streit im Arbeitnehmerlager von Deutschlands größtem Baukonzern Hochtief eskaliert. Der Betriebsrat sieht keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr mit der IG Bau. ACS hält jetzt 29,40 Prozent an Hochtief.

In einem internen Schreiben, das der Tageszeitung „Die Welt“ vorliegt, wirft der Hochtief-Betriebsratsvorsitzende Siegfried Müller dem Chef der Gewerkschaft IG BAU und Hochtief-Aufsichtsrat Klaus Wiesehügel vor, mit dem spanischen Baukonzern ACS Absprachen zugunsten der IG Bau und zulasten der Mitarbeiter getroffen zu haben. Müller forderte daher erneut den Rücktritt der beiden Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat von Hochtief, da „eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle der Belegschaft nicht mehr möglich erscheint“. Müller forderte ACS und IG Bau auf, alle Protokolle der geführten Gespräche zu veröffentlichen.

Kurz vor Weihnachten hatte die Gewerkschaft eine Vereinbarung mit ACS getroffen, die eine Zerschlagung des Essener Traditionsunternehmens ebenso verhindern soll wie betriebsbedingte Kündigungen unter den 11 000 Hochtief-Mitarbeitern in Deutschland. Betriebsrat und Vorstand waren an dieser Absprache nicht beteiligt. ACS hat den Hochtief-Aktionären ein freiwilliges Übernahmeangebot gemacht, das am Mittwoch ausläuft.

Anpassung der Kreditverträge

Derweil hat sich Hochtief mit seinen Banken wegen der möglichen Übernahme durch ACS auf eine Anpassung der Kreditverträge geeinigt. „Wir haben Ende Dezember alle wichtigen Darlehensverträge an die aktuelle Situation angepasst“, sagte Finanzvorstand Burkhard Lohr. In einer neuen Vereinbarung zwischen den Banken und dem Unternehmen verpflichte sich das Management, keine Verträge mit ACS zu unterzeichnen, die die Kreditwürdigkeit von Hochtief schwächen würden, erläuterte Lohr. Betroffen seien Kredite im Volumen von 3,7 Milliarden Euro. Die neuen Kreditverträge will Lohr allerdings keinesfalls als Abwehrmaßnahme verstanden wissen. „Wir haben nur Maßnahmen ergriffen, die im Sinne des Unternehmens sind. Es ist unter allen Umständen unsere Pflicht, die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen“, sagte der Hochtief-Finanzvorstand.

ACS hat kurz vor Fristablauf seines freiwilligen Übernahmeangebots für Hochtief 29,40 Prozent der Aktien angeboten bekommen. Das teilte die Firma am Mittwoch mit. Das seien 1,654 Millionen Aktien gewesen, knapp 100.000 mehr als einen Tag zuvor. Die wichtige Schwelle von 30 Prozent ist damit weiterhin nicht erreicht, liegt aber in greifbarer Nähe. Bei ihrem Erreichen kann ACS weitere Aktien des größten deutschen Baukonzerns am Markt zukaufen, ohne ein kostspieliges Pflichtangebot vorlegen zu müssen.

ACS (Actividades de Construcción y Servicios) bietet neun eigene Aktien für fünf Hochtief-Papiere. Vorstand und Aufsichtsrat des Essener Konzerns haben die Offerte unter anderem als finanziell unzureichend zurückgewiesen. Hochtief-Großaktionär Southeastern Asset Management hatte vor Weihnachten angekündigt, im Kundenauftrag für zwei Millionen Hochtief-Aktien das Angebot annehmen zu wollen. Inwieweit aber Southeastern bereits Aktien aus ihrem Bestand angeboten hat, ist weiterhin unklar.Die ACS-Offerte läuft in der Nacht zum Donnerstag aus. Über Erfolg oder Misserfolg des Übernahmeangebots will ACS am 4. Januar informieren. Der spanische Konzern hat im Rahmen einer Nachfrist zwei weitere Wochen Zeit, von Investoren zusätzliche Aktien angedient zu bekommen. (dapd)