Berlin. .

Wer 2010 auf Entlastungen vom Staat gesetzt hat, wurde enttäuscht. Auch 2011 werden die Bürger kräftig zur Kasse gebeten. Und wenn gespart wird, dann vor allem bei den Armen.

Endlich mehr Netto vom Brutto? Wer auf die Wahlversprechen von Union und FDP vertraut hat, sieht sich nach dem ersten Jahr der neuen Bundesregierung bitter enttäuscht. Der Finanzminister muss sparen, und das haben 2010 auch die Bürger schmerzhaft zu spüren bekommen. Die meisten zahlen drauf, von einer Entlastung kann keine Rede sein. Kritiker monieren, dass vor allem die Ärmsten die Schuldenberge des Staates abtragen müssten.

Gespart wird bei den Armen

Gespart wird zum Beispiel bei Langzeitarbeitslosen. Ab Januar entfällt der befristete Zuschlag, der beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in Hartz IV gezahlt wurde. Bislang bekamen Alleinstehende noch bis zu 160 Euro im Monat (Paare: 320 Euro), um den Übergang in die Grundsicherung bis zu zwei Jahre lang abzufedern. Für jedes Kind waren es noch einmal 60 Euro extra. 165 000 Hartz-IV-Haushalte sind von der Kürzung betroffen, sie bekommen ab 2011 teils Hunderte Euro weniger im Monat. Wenig erfreulich für die „Hartzer“ ist auch die Streichung des Elterngeldes. Die 300 Euro werden zwar formal weiter ausgezahlt, beim „ALG II“ aber vollständig angerechnet. Der Rotstift regiert auch beim Rentenbeitrag für Langzeitarbeitslose.

Eine wenig erfreuliche Be­scherung beschert die Regierung auch den Rauchern. Zigaretten und Feinschnitt-Tabak werden ab Mai 2011 in mehreren Schritten teurer. Eine Schachtel Zigaretten verteuert sich jedes Jahr um vier bis acht Cent, jede 40 Gramm-Packung Feinschnitt um bis zu 14 Cent. Damit aber nicht genug: Seit September erhebt der Fiskus für Flüge ab Samstag eine „Luftverkehrssteuer“, die das Reisen teurer macht. Für jeden Flug ab Deutschland werden je nach Entfernung zwischen acht und 45 Euro zusätzlich fällig.

Der Staat hält auch beim Strom die Hand auf

Mehr Netto vom Brutto? Mehr Geld nimmt einmal mehr nur der Staat ein. Er hält die Hand auch beim Strom auf. Die Energieversorger müssen für längere AKW-Laufzeiten künftig „Brennelemente-Steuer“ zahlen. Eine gute Sache? Auch hierfür werden am Ende wohl eher die Stromkunden aufkommen müssen. Hunderte Konzerne nutzen schon jetzt die Erhöhung der sogenannten „EEG-Umlage“ zur Förderung erneuerbarer Energien, um ihren Kunden höhere Preisforderungen aufzudrücken. Dass selbst Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) im Zweifel zum Wechsel des Anbieters aufruft ist da nur ein schwacher Trost.

Bei so viel Abkassieren dürfen natürlich auch die Arbeitnehmer nicht fehlen. Sie erwarten ab Januar höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (3,0 statt 2,8 Prozent), wobei man fairerweise sagen muss, dass der geringere Satz von vorneherein nur während der Wirtschaftskrise gelten sollte. Ähnlich sieht es bei der Krankenversicherung aus: Die Beiträge steigen wieder von 14,9 auf 15,5 Prozent, die Versicherten zahlen wie vor der Krise 8,2 Prozent ihres Bruttoeinkommens. Kritiker bemängeln, dass Arbeitnehmer nun sämtliche Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein schultern müssen. Zumindest wollen die meisten Kassen 2011 noch ohne Zusatzbeiträge auskommen.

Bescheidene Entlastungen

Bei so vielen schlechten Nachrichten sind selbst be­scheidene Entlastungen hoch willkommen. Immerhin: Ar­beitszimmer lassen sich künftig wieder besser steuerlich ab­setzen. Das ist allerdings weniger schwarz-gelb als dem Bundesverfassungsgericht zu danken. Zudem plant die Re­gierung eine Anhebung der Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer von 920 auf 1000 Euro. Eine milde Gabe für Hartz-IV-Empfänger von vermutlich 5 Euro im Monat und einem „Bildungspaket“ für Kinder steckt zudem noch im Vermittlungsausschuss fest.

Aber mehr Netto vom Brutto? Nein: Auch unter Schwarz-Gelb fällt die Bescherung vom Finanzminister aus.