Paris. Der französische Präsident Macron lädt die KI-Welt nach Paris. Die Europäer versuchen die Dominanz der USA und China zu brechen.
Im letzten Sommer duellierten sich im Grand Palais die olympischen Degenfechter. Jetzt treten die Informatiker unter dem berühmten Glaskuppeldach an. Am Montag tauschten sie sich namentlich über gemeinsame Technikstandards oder den horrenden Energieverschleiß im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) aus. Abends luden Emmanuel Macron und der indische Ministerpräsident Narendra Modi gemeinsam über hundert Staatschefs und Tech-Bosse zum Galadiner in den Elysée-Palast. Erwartet wurden unter anderem der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance, Bundeskanzler Olaf Scholz, der chinesische Vizepremier Ding Xuexiang und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen; dazu Brad Smith von Microsoft, Sam Altman von Open-AI oder Sundar Pichai (Google).
Im Grand Palais herrschte an dem „Action-Summit“ nichts anderes als Goldgräberstimmung. Im Januar hatte US-Präsident Donald Trump das KI-Projekt Stargate lanciert, das mit einem privatfinanzierten Kostenvolumen von 500 Milliarden Dollar die Größenordnung der KI-Zukunft aufzeigt. Aus China kam die – für Pariser Konferenzteilnehmer etwas allzu – simple Antwort mit dem Chatbot Deepseek. „Das Rennen um den KI-Markt hat eben erst begonnen“, kommentierte Konferenzteilnehmer Clark Parsons vom European Startup Networks (SDN).
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Europäische KI-Pionierfirmen wie Aleph Alpha (Deutschland) oder Mistral (Frankreich) kämpfen um den Anschluss an die Amerikaner und Chinesen und rangen in Paris um öffentliche Investitionen. Die Regierungen gehen aber wie üblich eher national als europäisch vernetzt vor. Und die EU-Kommission aktivierte letzte Woche zuerst einmal einen AI Act mit Weisungen und Verboten. „Europa beginnt wieder mal verkehrt herum, nämlich mit Regulieren“, klagte der französische Webunternehmer Rafik Smati in Paris.
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IEA: Geplantes KI-Rechenzentrum in Frankreich wird so viel Energie verbrauchen wie ganz Japan
Nie um große Worte verlegen, verglich Macron die heraufziehende KI-Ära mit der Renaissance. Es gehe um die europäische „Politik, Souveränität und Unabhängigkeit“, sagte der Gipfelgastgeber. Zuerst denkt er aber auch an seine nationalen Interessen. So lancierte er den Bau eines riesigen KI-Rechenzentrums in Frankreich. An den Kosten von 30 bis 50 Milliarden Euro beteiligen sich die Vereinigten Arabischen Emirate, wie deren Präsident Mohammed bin Said Al Nahjan vor Beginn des KI-Gipfels zusammen mit Macron ankündigte.
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Im Grand Palais gibt es allerdings auch Kritik an diesen Data Centers ihrem gigantischen Energieverbrauch. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat in Paris vorgerechnet, dass sich dieser Konsum bis 2026 auf über 1000 Terawattstunden verdoppeln dürfte. Das wäre so viel Strom, wie Japan insgesamt verbraucht – fünf Prozent des weltweiten Energieverbrauchs. Die Rechenzentren müssen zudem mit viel Wasser gekühlt werden. Jede Abfrage durch einen User erfordert einen Deziliter, also ein kleineres Glas Wasser.
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Expertin ruft Big-Tech-Firmen zum Energiesparen auf
Angela Müller von der deutschen Organisation Algorithm Watch kritisierte in Paris, dass das Streben der KI-Branche nach Größe „völlig außer Kontrolle“ gerate. Auch Big Tech-Firmen wie Google hätten ihr Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden, wegen KI bereits aufgeben. Algorithm Watch fordert die Big Tech-Exponenten wie Meta oder Google deshalb zu mehr Transparenz und Energiesparen auf. „Die wirkliche Existenzbedrohung besteht nicht darin, dass KI-Maschinen ein Bewusstsein entwickeln und die Weltherrschaft an sich reißen könnten – sondern, dass wir zulassen, dass die Technologie unserem Planeten unkontrolliert Schäden zufügt“, sagt Müller. Rechenzentren dürften deshalb nur mit erneuerbaren Energien funktionieren.
Macron will das mit den Emirati gebaute Rechenzentrum mit Atomstrom betreiben, um die Klimaneutralität zu erreichen. Parallel dazu plädierte der französische Präsident am Gipfel für die Bildung einer mit 2,5 Milliarden Euro gespiesenen Weltstiftung, um den öffentlichen Zugang ärmerer Staaten und Erdenbewohner zur KI zu gewährleisten. In den Diskussionforen wurde auch ein globales Abkommen zur Künstlichen Intelligenz gefordert. Der KI-Berater Vincent Luciani tat diese als frommen Wunsch ab: „Weder die USA noch China würden sich auf einen Text einlassen, der ihre KI-Forschung und -Entwicklung einschränken würde.“
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