Essen. Unionskanzlerkandidat Merz setzt im Wahlkampf auf die „Option Kernenergie“. RWE knüpft einen Betrieb der Atomkraftwerke an Bedingungen.

Der Chef des Essener Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, knüpft eine mögliche Rückkehr der Atomkraft in Deutschland an Bedingungen. „Es ist eine politische Frage“, sagte Krebber im Podcast „Table Today“ mit Blick auf eine Wiederinbetriebnahme der abgeschalteten Anlagen. „Wir werden als Privatunternehmen uns nicht gegen gesellschaftlichen Konsens stellen.“ Die Diskussion zur Kernenergie habe nicht das Unternehmen zu führen. „Das muss die Politik durchfechten.“

RWE-Chef Krebber verweist auf mehrere Herausforderungen, um eine Reaktivierung der drei zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke in Deutschland möglich zu machen. „Es werden massive Investitionen – und wir reden hier über signifikante Beträge – notwendig werden“, sagt Krebber. Zudem hätten die Anlagen „keinerlei Genehmigung mehr“. Nach deutschem Recht müsse ein komplett neuer Genehmigungsprozess durchlaufen werden.

RWE-Vorstandschef Markus Krebber zu einer möglichen Rückkehr der Kernenergie: „Wir werden als Privatunternehmen uns nicht gegen gesellschaftlichen Konsens stellen.“
RWE-Vorstandschef Markus Krebber zu einer möglichen Rückkehr der Kernenergie: „Wir werden als Privatunternehmen uns nicht gegen gesellschaftlichen Konsens stellen.“ © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Hinzu komme, dass Personal für die Atomkraftwerke qualifiziert werden müsse. Hier könne „ein zeitlicher Engpass“ entstehen, so der RWE-Chef. „Wir wissen seit 2011: Die Anlagen sind abzustellen.“ Die Folge sei: „Die Mitarbeiter bereiten sich auf ihren Ruhestand vor – beziehungsweise sind schon im Ruhestand.“ Angesichts des beschlossenen Endes der Kernenergie gebe es „keine Ausbildungs-Infrastruktur mehr in Deutschland“ für diese Technologie. „Wir bräuchten sicherlich vier bis sieben Jahre, um das hinzukriegen“, erklärt Krebber.

RWE fordert „staatliches Absicherungsinstrument“ bei Kernkraft-Rückkehr

Zudem müsse RWE vom Staat bei einem möglichen Wiederanfahren der Atomkraftwerke finanziell abgesichert werden, so Krebber. „Wir werden als Privatunternehmen das ökonomische Risiko Kernenergie nicht übernehmen – bei der wechselvollen Geschichte, die wir hatten.“ Das bedeute: „Es braucht ein staatliches Absicherungsinstrument.“

Zur Frage, ob er gegen eine Reaktivierung der Kernkraftwerke sei, sagt Krebber: „Ich gucke da eigentlich neutral drauf.“ Am Ende entscheide dies die Politik. Aber er frage sich, ob es lohnenswert sei: „Das tue ich mir jetzt an für vier Gigawatt? Ich wüsste, wie ich entscheiden würde“, merkt Krebber an. Eine Leistung von zusammen vier Gigawatt hatten die Kraftwerke Neckarwestheim (EnBW), Isar 2 (Eon) sowie Emsland in Lingen (RWE).

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) in Essen: Die Union will an der „Option Kernenergie“ festhalten. Im Wahlprogramm der Union heißt es, sie wolle „die Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke prüfen“.
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) in Essen: Die Union will an der „Option Kernenergie“ festhalten. Im Wahlprogramm der Union heißt es, sie wolle „die Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke prüfen“. © dpa | Thomas Banneyer

Im September 2024 hat RWE eigenen Angaben zufolge die atomrechtliche Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für die Anlage vom niedersächsischen Umweltministerium erhalten. Der Rückbau soll rund 15 Jahre dauern. RWE gehe davon aus, dass die Anlage im Jahre 2037 „nachweislich frei von jedweder Radioaktivität“ sein werde, schreibt das Unternehmen auf seiner Website.

Merz will „Paradigmenwechsel in der Energiepolitik“

Das 1988 in Betrieb genommene Kernkraftwerk Emsland sei mit seinem 1400 Megawatt-Block in der Lage gewesen, etwa 3,5 Millionen Haushalte pro Jahr mit Strom zu versorgen. Am 15. April 2023 wurde die Anlage im Zuge des politisch beschlossenen Kernenergieausstiegs vom Netz genommen. Mit rund 350 Beschäftigten habe die Anlage während der gesamten Laufzeit weltweit zu den „leistungsstärksten und zuverlässigsten Kraftwerken der Branche“ gezählt, heißt es bei RWE. Zum Standort Lingen gehörte auch eine eigene Ausbildungswerkstatt.

Die Union will mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) an der „Option Kernenergie“ festhalten. Im Wahlprogramm der Union heißt es, sie wolle „die Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke prüfen“. „Wir werden einen Paradigmenwechsel in der Energiepolitik vollziehen. Wir werden nicht mehr einseitig nur auf Wind und Sonne setzen, sondern wir werden sämtliche Ressourcen ausschöpfen, die es gibt“, sagte Merz bei der Delegiertenkonferenz der NRW-CDU in Essen.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: