Essen. Bei RWE tut sich viel: Katar ist neuer Großaktionär, Expansionspläne gibt es für die USA. Zur Hauptversammlung regt sich aber auch Kritik.

RWE-Chef Markus Krebber dreht gerade ein großes Rad. In Deutschland laufen die Geschäfte rund: Mitten in der Energiekrise fährt sein Essener Energiekonzern dank hoher Preise für Strom und Gas satte Gewinne ein. Mit einem Staatsfonds aus Katar ist zudem ein neuer Großaktionär eingestiegen, der viel Geld mitgebracht hat. Damit will RWE im Zuge der Übernahme des US-Versorgers Con Edison auf Wachstumskurs in den Vereinigten Staaten gehen. Auch persönlich läuft es für Krebber rund: Mit einem um 17 Prozent auf 6,23 Millionen Euro gestiegenen Vorstandsgehalt für 2022 ist der Essener Energiemanager der Spitzenverdiener unter den Konzernchefs im Ruhrgebiet.

Zur Hauptversammlung regt sich aber auch Kritik. Umwelt- und Klimaschutzgruppen haben zum Protest vor der RWE-Zentrale aufgerufen. Ein Bündnis, zu dem unter anderem Fridays for Future, der BUND und die Umwelthilfe gehören, wirft dem RWE-Management unter anderem vor, Gesundheitsgefahren durch die Verstromung von Braunkohle zu ignorieren. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre fordert, die Konzerngewinne nicht an die Anteilseigner zu überweisen, sondern für Altlasten aus Braunkohletagebau und Atomkraft einzuplanen.

Union Investment: „Weg zum grünen Unternehmen ist noch weit“

Investoren machen ebenfalls Druck mit Blick auf den Klimaschutz. „RWE könnte mal das grünste Unternehmen Deutschlands werden. Viele – auch und gerade die Anleger – würden davon profitieren“, sagt Henrik Pontzen von der Fondsgesellschaft Union Investment. „Aber der Weg zum grünen Unternehmen ist noch weit, denn der Abschied von der Braunkohle dauert länger als gedacht.“

Im vergangenen Herbst hat RWE drei Kohlekraftwerke aus der Sicherheitsbereitschaft zurück ans Netz gebracht. Bei zwei weiteren Anlagen wurden vorgesehene Stilllegungen zunächst ausgesetzt. Für den verlängerten Betrieb der Kraftwerke im Rheinischen Revier brauchte RWE eigenen Angaben zufolge binnen weniger Wochen rund 1000 Beschäftigte mehr. „Viele Kolleginnen und Kollegen haben kurzerhand ihren Ruhestand unterbrochen oder verschoben“, berichtet RWE-Chef Markus Krebber bei der Hauptversammlung, wie aus dem vorab veröffentlichten Redemanuskript hervorgeht. Zugleich betont Krebber: „Wir wollen die Kohlekraftwerke aus der Sicherheitsreserve nicht länger betreiben als nötig.“ Im Fokus des RWE-Vorstands stehe der Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung.

Investor Enkraft nimmt Einstieg von Katar unter die Lupe

Auch im Zusammenhang mit dem Einstieg des Emirats Katar wird Kritik von Investoren laut. Die Qatar Investment Authority (QIA) ist mittlerweile mit 9,1 Prozent die größte Einzelaktionärin des Essener Energiekonzerns. Die seit Jahren an RWE beteiligten Ruhrgebietsstädte, darunter Dortmund, Essen und Mülheim, halten – einzeln betrachtet – deutlich kleinere Aktienpakete. Mit dem Katar-Deal habe es eine Stimmrechtsverwässerung bei den bisherigen Aktionären gegeben, kritisiert der Investor Enkraft. Auch bei den kommunalen Aktionären werde dies sichtbar. So halte die Stadt Essen angesichts der Beteiligung von QIA nur noch 2,52 Prozent der RWE-Anteile – statt zuvor 2,77 Prozent. Kurzum: Der Einfluss schrumpft.

Vorstandschef Krebber betont, beim Deal mit Katar sei es insbesondere um die Finanzierung der 6,8 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Konzerns Con Edison gegangen. Hierfür habe RWE Kapital benötigt, dass der Staatsfonds QIA mitgebracht habe. So konnten die Investoren des finanzkräftigen Emirats auf eine sogenannte Pflichtwandelanleihe von RWE im Volumen von 2,43 Milliarden Euro zugreifen. Nach Abschluss der Con-Edison-Transaktion wurde diese Konzernangaben zufolge Mitte März in 67,6 Millionen neue RWE-Aktien gewandelt. Und so ist Katar nun groß beim Essener Energiekonzern im Geschäft.

„Staatsfonds eines autoritär regierten Landes“

Mit einem Gegenantrag zur Hauptversammlung will Enkraft ähnlichen Manövern einen Riegel vorschieben. Es müsse verhindert werden, dass der RWE-Vorstand einzelne Aktionäre bevorzuge, schreibt Enkraft-Geschäftsführer Benedikt Kormaier.

Die Qatar Investment Authority (QIA) sei der „Staatsfonds eines autoritär regierten Landes“, merkt der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre an – und warnt vor einer „gefährlichen Abhängigkeit“. RWE habe sich „einen Investor aus einem Staat ins Unternehmen geholt, dessen Regierungssystem alles andere als demokratisch“ sei. Vorstandschef Krebber will den Katar-Deal indes bei der Hauptversammlung verteidigen. In seinem Redemanuskript steht, er freue sich, „QIA als neuen Aktionär von RWE begrüßen zu dürfen“.

podcast-image