Essen/Düsseldorf. Beim BDI scheidet Siegfried Russwurm zum Jahresende aus. Mit Blick auf Thyssenkrupp gibt es aus der Politik nun Rücktrittsforderungen.
Angesichts des bevorstehenden Abschieds von Siegfried Russwurm als Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) fordert der SPD-Oppositionsführer im Landtag, Jochen Ott, auch einen Rücktritt des Managers beim angeschlagenen Essener Industriekonzern Thyssenkrupp. „Siegfried Russwurm hat der Industrie in NRW mit seinem Kurs großen Schaden zugefügt. Nach seinem Rückzug vom BDI wäre ein Rückzug bei Thyssenkrupp nur folgerichtig“, sagte SPD-Landtagsfraktionschef Ott unserer Redaktion. „Er hat den Konzern mit einem Klassenkampf von oben in noch schwierigeres Fahrwasser gebracht, als dieser ohnehin schon war“, sagte Ott mit Blick auf Russwurm. „Deshalb muss er den Weg für einen Neuanfang jetzt frei machen.“
Wie der BDI am 25. September mitteilte, gibt der 61-jährige Russwurm die Führung des einflussreichen Industrie-Verbands zum Jahresende ab. Nach zwei Amtszeiten als BDI-Präsident scheide Russwurm aus, wie es die Satzung des Verbands vorsehe. Im Namen der zuständigen Findungskommission habe er Peter Leibinger (57), den Vorsitzenden des Aufsichts- und Verwaltungsrats des baden-württembergischen Familienunternehmens Trumpf, als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Die Wahl stehe bei der BDI-Mitgliederversammlung am 25. November an. Bei Thyssenkrupp führt Russwurm seit Oktober 2019 den Aufsichtsrat. Gewählt als Thyssenkrupp-Chefkontrolleur ist er Unternehmensangaben zufolge bis zum Jahr 2026.
Thyssenkrupp: Russwurm überstimmte die Arbeitnehmervertreter
Wegen der angespannten Situation des Unternehmens steht Russwurm bei Thyssenkrupp besonders im Fokus. Von der IG Metall und dem zurückgetretenen Aufsichtsratschef der Thyssenkrupp-Stahlsparte, Sigmar Gabriel, hat Russwurm scharfe Kritik einstecken müssen.
Trotz einer ablehnenden Haltung der Arbeitnehmervertreter hatte der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat unter Leitung von Russwurm einem Einstieg des tschechischen Geschäftsmanns Daniel Kretinsky bei der Stahlsparte des Ruhrgebietskonzerns zugestimmt. Russwurm übertrumpfte die Arbeitnehmervertreter mit seiner sogenannten Doppelstimme als Gremienchef. Dies hatte er zuvor auch bereits bei einer umstrittenen Erweiterung des Thyssenkrupp-Vorstands getan.
SPD-Landtagsfraktionschef Ott mahnt, Thyssenkrupp benötige einen Neustart. Dabei sei auch die schwarz-grüne Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der Verantwortung. „Die Weichen sind jetzt neu zu stellen, damit eine Kernbranche wie die Stahlindustrie im Land gehalten werden kann – notfalls mit staatlichen Beteiligungen“, sagte Ott. „Hier ist auch die Landesregierung von Hendrik Wüst gefordert. Er kann sich nicht immer nur an den Wegrand stellen und seine Anteilnahme bekunden. Er muss endlich aktiv werden und handeln.“
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