Gelsenkirchen. Die Sicherheits- und Reinigungsfirma Stölting aus Gelsenkirchen floriert mit unterschiedlichen Kunden. Eigentümerfamilie hat große Pläne.
Wenn Seniorchef Hans Mosbacher über seine Firma spricht, garniert er gerne Geschäftliches mit Anekdoten. So auch im Zusammenhang mit einem großen Auftrag, den sein Unternehmen Stölting zur Fußball-Europameisterschaft ergattert hat. Wie regelmäßig bei Partien in der Schalker Arena waren es seine Leute, die für die Sicherheit im Stadion sorgen sollten. Bei einem Länderspiel der Mannschaft aus Portugal mit ihrem Superstar Ronaldo ergab sich dann eine Situation, die Mosbacher aus dem Stegreif anschaulich beschreiben kann.
„Als Ronaldo nach dem Schlusspfiff den Rasen verließ und Richtung Kabine ging, setzte ein Zuschauer auf der Tribüne plötzlich zum Sprung an“, erzählt Mosbacher. Einer der Ordner von Stölting habe die Gefahr schnell erkannt und Ronaldo am Weiterlaufen gehindert. Den Zuschauer hätten sich seine Leute dann sofort geschnappt. „Ich sag es mal salopp“, schlussfolgert Mosbacher. „Wir haben Ronaldo gerettet.“
Vater und Sohn gemeinsam am Tisch
Die kleine Geschichte gibt der Unternehmer in einem hellen, gut klimatisierten Büro seiner Firmenzentrale in Gelsenkirchen zum Besten. Der 66-Jährige sitzt vor Kopf, neben ihm hat sein Sohn Sebastian Mosbacher Platz genommen. Der 36-Jährige ist seit dem Jahr 2020 verantwortlich für das gesamte Geschäft der auf Sicherheits- und Reinigungsdienstleistungen spezialisierten Firmengruppe Stölting, zu der eigenen Angaben zufolge mittlerweile rund 15.000 Beschäftigte gehören. Auch ein Yachthafen, der als Ausflugsziel beliebte „Stölting Harbour“, ist Teil des Gelsenkirchener Firmenareals in der Nähe des Rhein-Herne-Kanals.
Die Eigentümerfamilie Mosbacher sieht ihr Unternehmen Stölting als eine der „Top-10-Firmen“ unter den Reinigungs- und Sicherheitsunternehmen in Deutschland. „Unser Anspruch ist, bundesweit präsent zu sein“, sagt Sebastian Mosbacher. In diesem Jahr will das Stölting-Management die Schwelle von 400 Millionen Euro Umsatz überschreiten. Innerhalb von 20 Jahren habe sich der Umsatz damit verhundertfacht. Das Ziel sei, den Wachstumskurs fortzusetzen, erklärt Sebastian Mosbacher.
Eine großer Kunde: die Deutsche Bahn
Die Ursprünge des Unternehmens liegen im Bergbau – mit einem Glasreinigungsbetrieb, der vor 125 Jahren gegründet worden ist. „Da ging es häufig darum, Kohlenstaub, Fett und Öle von den Glasdächern der Werkshallen zu schrubben“, erzählt Hans Mosbacher. Der Kundenstamm reiche nun von mittelständischen Unternehmen bis zu Großkonzernen. Zu den Auftraggebern von Stölting gehören unter anderem Industriekonzerne wie BP am Raffinerie-Standort Gelsenkirchen und insbesondere auch die Deutsche Bahn. Allein im Großraum Gelsenkirchen gehören Unternehmensangaben zufolge rund 3500 Menschen zur Stölting-Belegschaft.
„Wir haben uns eine starke Stellung mit Geschäften rund um den Bahnbetrieb aufgebaut“, erklärt Hans Mosbacher. „Ein wichtiges Thema ist für uns die Gleisbau-Sicherung. Hier sind wir technologisch führend.“ Stölting sichere Bauarbeiten rund um die Bahnstrecken ab, um Unfälle zu verhindern.
Auch im Geschäft mit Zugbegleitern sei Stölting stark aktiv. „Oft sind es unsere Beschäftigten, die für die Deutsche Bahn oder private Anbieter in den Zügen unterwegs sind und die Fahrkarten kontrollieren“, sagt Hans Mosbacher. „Unsere Leute arbeiten auch in der Wuppertaler Schwebebahn oder beim Dortmunder ÖPNV-Betreiber DSW21. An Bahnhöfen gibt es zahlreiche ,Reisende-Lenker‘ aus unserem Haus. Hinzu kommen Sicherheitskräfte an mehreren Bahnhöfen in NRW.“ In Köln bewache Stölting die Züge der Deutschen Bahn in der Nacht, damit sie nicht mit Graffitis besprayt werden. Etwa 1000 Stölting-Beschäftigte gehören zum Bahnbereich.
Zugbegleiter teils mit Bodycams ausgestattet
Ob das Klima rund um die Bahn rauer geworden sei? „Eine Zunahme von Anfeindungen oder Gewalt an Bahnhöfen oder in den Zügen können wir nicht feststellen“, sagt Firmenchef Sebastian Mosbacher dazu. „Natürlich gibt es gelegentlich Vorfälle, aber sie nehmen nach unserer Wahrnehmung nicht Überhand. Wenn es Spannungen gibt, geht es darum, dass unsere Leute deeskalieren.“ Entsprechende Schulungen seien bei Stölting Standard. Einige Zugbegleiter seien unlängst auch mit Bodycams ausgestattet worden.
Viele Führungskräfte hätten vor ihrem Wechsel zu Stölting Erfahrungen bei der Bundeswehr oder der Polizei gesammelt. Beschäftigte bildet das Unternehmen auch in einer eigenen Akademie aus. Die Mitarbeiter im Sicherheits- und Reinigungsgewerbe bezahlt Stölting eigenen Angaben zufolge nach Tarif. Die Stundenlöhne beginnen demnach bei 13,50 Euro pro Stunde – je nach Tätigkeit und Einsatzgebiet seien sie teils auch deutlich höher.
Es sind Branchen, in denen viel Personal benötigt wird. Bei der Fußball-EM beispielsweise seien insgesamt rund 3600 akkreditierte Mitarbeiter von Stölting in mehreren Stadien – unter anderem auf Schalke, in Düsseldorf und in Berlin – im Einsatz gewesen. Im normalen Spielbetrieb gehören neben Schalke und dem BVB auch weitere Fußballvereine zu den Kunden von Stölting. „Wenn zum Beispiel Schalke spielt, sind bis zu 2000 Leute von uns in den Bereichen Sicherheit und Reinigung im Einsatz“, berichtet Sebastian Mosbacher. Auch bei den Konzerten von Taylor Swift und Rammstein sei Stölting für die Sicherheit in der Schalker Arena zuständig gewesen.
Hans Mosbacher: „Wir sind und bleiben ein Familienbetrieb“
„Wir sind und bleiben ein Familienbetrieb. Daher ist es wichtig, dass wir den Generationswechsel geschafft haben“, sagt der 66-jährige Hans Mosbacher, der Stölting lange geprägt hat. „Sebastian führt nun das Unternehmen. Er kennt die Firma seit vielen Jahren – und ich stehe ihm auch mit Rat und Tat zur Seite.“
Er kenne das Unternehmen „von klein auf“, erzählt der 36-jährige Sebastian Mosbacher. „Im Grundschulalter habe ich mir schon mein Taschengeld als Gebäudereiniger aufgebessert. Für mich war früh klar, dass ich diesen Job machen möchte.“ Daher habe er statt eines Studiums eine Ausbildung zum Gebäudereiniger absolviert „und von da an immer mehr Verantwortung im Unternehmen übernommen“.
Den Führungswechsel im Unternehmen beschreibt Sebastian Mosbacher als einen fließenden Prozess: „Mein Vater hat ja nicht von einem Tag auf den anderen aufgehört, das Unternehmen zu führen – und ich bin schon seit 18 Jahren im Betrieb.“ In der Geschäftsleitung stehen Sebastian Mosbacher die Manager Boris Westerfeld und Stephan Kulbatzki zur Seite. Mosbacher zeigt sich ehrgeizig. „Bislang sind wir ausschließlich in Deutschland tätig“, sagt er. „Wir können uns vorstellen, auch im deutschsprachigen Ausland zu expandieren – in Österreich oder in der Schweiz zum Beispiel.“