Dortmund. Der neue Sponsor kommt in Dortmund nicht so gut an. Vor dem Frankfurt-Spiel betont Rheinmetall, wie wichtig dieser Samstag für die Ukraine ist.

Rheinmetall ist es gewohnt, argwöhnisch bis ablehnend beäugt zu werden. „Händler des Todes“ heißt das Unternehmen bei Pazifisten, die stets vor den Hauptversammlungen protestieren. Mit dem Sponsoring für den Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund hat sich der Düsseldorfer Dax-Konzern allerdings auf einen Deal eingelassen, der absehbar heftige Proteste vor einem Millionenpublikum heraufbeschwört. Den zumindest haben vor dem ersten Heimspiel der Saison gegen Eintracht Frankfurt am Samstagabend mehrere BVB-Fanklubs und Ultra-Gruppierungen angekündigt.

Wer jubelt schon einem Rüstungskonzern zu? Die Dortmunder Fans wollen den neuen Sponsor zu Beginn der zweiten Halbzeit mit kritischen Transparenten und Plakaten auf ihre Weise begrüßen. Das Bündnis Südtribüne hat dazu aufgerufen, gegen den Deal ihres BVB mit dem Rüstungskonzern zu protestieren. Heftige Kritik hatte es bereits nach dessen Verkündung kurz vor dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid im Mai gegeben.

Fans der Südkurve: BVB wirft mit Rheinmetall eigene Werte über Bord

Die Fanorganisation der von gegnerischen Mannschaften ob ihrer Lautstärke gefürchteten Südtribüne findet vor dem Auftaktspiel harte Worte: „Dass sich die Verantwortlichen des BVB und all seine Gremien dazu bereiterklärt haben, die Strahlkraft von Borussia Dortmund dafür einzusetzen, das öffentliche Ansehen eines Rüstungskonzerns zu verbessern und dabei die eigenen Werte über Bord zu werfen, lehnen wir entschieden ab.“ Man werde das auch nicht auf sich beruhen lassen, kündigen die Fans bereits weitere Proteste an.

Hand drauf: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Rheinmetall-Chef Armin Papperger nach ihrer Unterzeichung des dreijährigen Sponsorenvertrags.
Hand drauf: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Rheinmetall-Chef Armin Papperger nach ihrer Unterzeichung des dreijährigen Sponsorenvertrags. © DPA Images | -

Der Konzern reagierte auf Nachfrage unserer Redaktion bereits vor dem Spiel auf die angekündigten Anti-Rheinmetall-Plakate. Und betonte: „Das erste Saisonspiel fällt auf den Unabhängigkeitstag der Ukraine.“ Die Ukrainer feiern am 24. August zum 33. Mal die Loslösung von der Sowjetunion und damit die Souveränität ihres Staates. Das sei „eine gute Gelegenheit für eine Zeitenwende im Nachdenken über Sicherheit. Denn Rheinmetall leistet einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Ukraine unabhängig bleibt und unsere eigene Freiheit geschützt wird.“

Die Düsseldorfer sind einer der größten Waffenlieferanten der Ukraine. Rheinmetall liefert Panzer, Militärfahrzeuge, Luftabwehrsysteme und Artilleriemunition für das von Russland überfallene Land, das seit nun zweieinhalb Jahren täglich bombardiert wird. Der Krieg in der Ukraine und die darauf von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufene „Zeitenwende“ haben dem Unternehmen etliche Milliardenaufträge und Rekordgewinne beschert.

Rheinmetall profitiert massiv vom Krieg in der Ukraine

Allein vom deutschen 100-Milliarden-Sondervermögen zur Ertüchtigung der Bundeswehr gehen bis zu 40 Milliarden Euro an Rheinmetall, doch auch die Aufträge aus dem europäischen Ausland häufen sich seit Kriegsbeginn. Der Wert der Rheinmetall-Aktie hat sich seit Kriegsbeginn mehr als verfünffacht.

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Der Erfolg weckt einerseits Neid und Kritik am neuen Rüstungswettlauf zwischen Russland und den westlichen Verbündeten. Andererseits verurteilt eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung den russischen Angriffskrieg und blickt seit dem Überfall anders auf die Rüstungsexporte. Kanzler Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) besuchen regelmäßig Rheinmetall-Werke und loben den Konzern für seinen Einsatz, etwa den Bau einer neuen Munitionsfabrik in Niedersachsen.

BVB und Rheinmetall suchen ganz bewusst den Diskurs

Andernfalls wäre wohl auch der Deal mit dem BVB nicht zustande gekommen, der mit einer zweistelligen Millionensumme dotiert ist und über drei Jahre läuft. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte nach seiner Unterschrift unter den Sponsorvertrag: „Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen. Gerade heute, da wir jeden Tag erleben, wie Freiheit in Europa verteidigt werden muss.“

Dass es mehr Gegenwind als Applaus aus der Fanszene geben würde, war Watzke offensichtlich klar. Er betonte, der BVB habe sich ganz bewusst dafür entschieden, damit auch in einen Diskurs einzusteigen. Rheinmetall-Chef Armin Papperger betonte im Mai große Gemeinsamkeiten zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall: Es hätten sich „zwei Partner gefunden, die mit ihren Ambitionen, ihrer Haltung und ihrer Herkunft gut zueinander passen“.

Rheinmetall: „Dankbar, dass der BVB diese Sichtweise teilt“

Auch vor dem Saisonauftakt betont das Unternehmen, es sei „dankbar, dass der BVB diese Sichtweise teilt und mit uns gemeinsam den öffentlichen Diskurs voranbringen will“. Rheinmetall will Werbeflächen für sich nutzen und als BVB-Sponsor für die Öffentlichkeit sichtbarer auftreten als in der Vergangenheit.

Zuweilen übt sich der Konzern bei seiner Charmeoffensive aber auch in Zurückhaltung. So initiierte und finanzierte Rheinmetall unlängst eine Aktion des deutsch-ukrainischen Vereins „Blau-Gelbes Kreuz“, bei der 50 ukrainische Kinder aus Köln auf das BVB-Trainingsgelände gefahren und in Schwarz und Gelb eingekleidet wurden. Auf das bei solchen Aktionen übliche Getrommel um Aufmerksamkeit verzichtete Rheinmetall in diesem Fall.