Dortmund. VDM Metals setzt auf Dortmund, um Fachkräfte zu finden. Warum nach Verkauf durch Thyssenkrupp neue Jobs entstehen und der Gewinn steigt.

Bei VDM Metals wusste man sich keinen anderen Rat: Erst der Fachkräftemangel und dann auch noch die langen Staus auf der Autobahn A45 haben den Weltmarktführer für Nickellegierungen dazu bewogen, große Teile der Verwaltung von Werdohl nach Dortmund zu verlegen. Denn nach der Herauslösung aus dem Thyssenkrupp-Konzern vor einigen Jahren wächst das Unternehmen rasant.

Bei aller Verbundenheit zum Sitz im Sauerland fällt die Analyse von Niclas Müller nüchtern aus. „In Werdohl und Umgebung ist der Fachkräftemangel bereits heute Realität. Angesichts des Verkehrschaos wurde es auch immer schwieriger, gute Leute dort zu halten. Der Wegfall der Rahmedetalbrücke ist eine Katastrophe“, sagt der Chef von VDM Metals im Gespräch mit unserer Redaktion.

Im Ruhrgebiet gibt es mehr Fachkräfte als im Sauerland

Am Westfalendamm hat er eine hochmoderne Dependance für 70 Beschäftigte schaffen lassen und sieht dazu keine Alternative: „Der teilweise Umzug der Verwaltung nach Dortmund war richtig und wichtig. Im Ruhrgebiet finden wir eher die Köpfe, die wir brauchen“, erklärt der Manager. „Wir können nicht alle Berufsbilder selbst ausbilden. Da sind wir auf den Markt angewiesen.“ Der international führende Produzent von besonders hitze- und druckbeständigen Nickellegierungen hat aber nicht nur offene Stellen in der Verwaltung. „In unseren Schmelzbetrieben in Unna suchen wir händeringend Leute. Aber auch in Altena und Werdohl spüren wir die natürliche Fluktuation“, zählt Müller die Produktionsstätten auf und nennt die Konsequenz, die das Unternehmen daraus gezogen hat: „Deshalb haben wir eine eigene Recruiterin eingestellt.“

Der nordrhein-westfälische Hersteller hat international einen Namen. „VDM Metals ist mit Abstand Weltmarktführer bei Nickel-Legierungen. Wir machen 43.000 Tonnen, die Nummer 2, ATI aus den USA, 35.000 Tonnen“, zeigt der Chef die Dimensionen auf. Nickel-Legierungen seien besonders beständig gegen Hitze und Korrosion. „VDM Metals fängt deshalb dort an, wo man mit Edelstahl nicht mehr weiter kommt“, meint der studierte Metallurge.

Niclas Müller ist Vorsitzender der Geschäftsführung der VDM Metals Group.
Niclas Müller ist Vorsitzender der Geschäftsführung der VDM Metals Group. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Nickel spiele eine immer größere Bedeutung: „Die Anforderungen an die Werkstoffe steigen stetig. Das sieht man sehr gut in Verbrennermotoren. Hier nehmen Druck und Temperaturen immer weiter zu. Deshalb müssen die Hitzeschilder im Turbolader aus einer Nickel-Legierung bestehen“, nennt Müller nur ein Beispiel. Nickel begegne Verbraucherinnen und Verbrauchern im Alltag. „Drähte aus Edelstahl im Haartrockner würden einfach verglühen. Bei der Herstellung von Ceranfeldern haben wir einen Anteil von 60 Prozent, bei Zündkerzen nahezu 100 Prozent“, sagt er.

Zwei Drittel des Geschäfts mache VDM Metals als Zulieferer für die Chemie-, Öl- und Gasindustrie. 15 Prozent entfallen auf die Automobilindustrie. Müller: „Wir liefern aber auch Komponenten für den Flugzeugbau und liefern die Rahmen für die OLED-Fernsehtechnologie.“ Aber auch bei Brennstoffzellen, Wasserstoff- und Synthesegasproduktionkommen Nickel-Legierungen zum Einsatz.

VDM Metals hat 1700 Beschäftigte in Deutschland

Müller sieht sein Unternehmen mit 1700 Beschäftigten allein in Deutschland klar im Aufwind. Die gute Entwicklung führt er auch auf die Herauslösung aus der Konzernstruktur von Thyssenkrupp zurück. Krupp hatte VDM Metals im Jahr 1986 übernommen. Die Nachfolgefirma Thyssenkrupp hat die Nickel-Tochter zweimal verkauft. 2016 wurde die Titan-Produktionsstätte in Essen geschlossen. „Die Erfahrung zeigt, dass sich ein Unternehmen nie zum Erfolg gespart hat“, sagt Müller, der selbst Jahrzehnte für Thyssenkrupp gearbeitet hatte, unumwunden. Private Equity sei für VDM Metals „ein Segen“ gewesen. „Unsere spanischen Gesellschafter sind aus meiner Sicht die bestmöglichen Eigentümer, die eine Vision für ihre Beteiligung mitbringen.“

Müller nennt auch Zahlen: „Allein 2023 hat man uns Investitionsmittel in Höhe von 80 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit wir wachsen konnten.“ Der Eigentümer, die  Acerinox S.A., fühle sich „dem Nickel-Geschäft verpflichtet“ Nach dem Abschied von Thyssenkrupp im Jahr 2015 „haben wir uns neu erfunden“, berichtet der Geschäftsführer. Seither habe VDM Metals über 100 zusätzliche Mitarbeitende eingestellt und das Ergebnis vor Abzug von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sondereffekten (Ebitda) von 40 auf über 109 Millionen Euro gesteigert.

>>> Schwankender Nickel-Preis
„Die Preise für Nickel sind hochgradig volatil und so gut wie nicht vorhersehbar“, sagt Niclas Müller, Chef von VDM Metals. Die Tonne koste aktuell um die 16.000 Dollar, habe aber auch schon deutlich über 20.000 Dollar gelegen.
Die Schwankungen des Nickel-Preises sollen die Kunden aber nicht zu spüren bekommen. Müller: „Da wir keine Spekulanten sind, sichern wir unsere Geschäfte langfristig ab. Mit den Metallpreisen wollen wir kein Geld verdienen.“
Nickel mit „sehr guter Qualität“ kam früher vorrangig aus Russland. „Nach dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine haben wir unseren Rohstoffbezug aus Russland zurückgefahren und fast vollständig auf westliche Lieferanten umgestellt“, erklärt der Geschäftsführer von VDM Metals.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: