Mönchengladbach. In vielen NRW-Städten müssen die Menschen deutlich mehr zahlen als sonst wo in Deutschland. So hoch ist die Abwassergebühr in ihrer Stadt.
In Nordrhein-Westfalen müssen die Bürgerinnen und Bürger in vielen Städten deutlich höhere Abwassergebühren zahlen als in anderen Teilen Deutschlands. Der Eigentümerverband Haus & Grund veröffentlichte am Mittwoch eine Studie des Beratungsfirma IW Consult, in der die Gebührenentwicklung in den 100 größten deutschen Städten betrachtet worden war. Von diesen Kommunen sind 36 in Nordrhein-Westfalen. Die meisten von ihnen sind in der unteren, also teureren Tabellenhälfte. Schlusslicht ist Mönchengladbach, das bei einem vierköpfigen Musterhaushalt auf rund 985 Euro pro Jahr kam - so viel war es in keiner anderen Stadt.
NRW-Städte haben teure Abwassergebühren
Studienautor Hanno Kempermann begründete die hohen Werte mit der Haushaltsnotlage vieler Kommunen in NRW. Das sei „ein valider Punkt“. Die in Sachen Abwassergebühren günstigste Stadt aus NRW ist Köln mit einer Jahresgebühr von 408,05 Euro bei besagtem Musterhaushalt. Damit kam die Domstadt auf Platz 18 des Deutschland-Rankings, knapp vor Düsseldorf auf Platz 19 mit 408,25 Euro. Auf den unteren Plätzen sind eine Vielzahl an NRW-Städten, so ist es zum Beispiel auch in Wuppertal und Essen mit mehr als 800 Euro besonders teuer. In Worms in Rheinland-Pfalz liegen die Abwassergebühren hingegen nur bei rund 245 Euro - so niedrig war der Wert in keiner anderen, in der Tabelle aufgelisteten deutschen Städte.
Abwassergebühren pro Jahr der NRW-Städte 2023 (geordnet von günstiger oben nach teurer unten)
- Köln 408,05 Euro
- Düsseldorf 408,25 Euro
- Hamm 457,80 Euro
- Gütersloh 481,75 Euro
- Siegen 506,33 Euro
- Paderborn 527,08 Euro
- Münster 540,23 Euro
- Dortmund 544,68 Euro
- Ratingen 545,97 Euro
- Iserlohn 552,98 Euro
- Marl 563,13 Euro
- Bochum 596,45 Euro
- Aachen 603,35 Euro
- Bottrop 621,86 Euro
- Remscheid 629,45 Euro
- Hagen 632,75 Euro
- Leverkusen 638,59 Euro
- Duisburg 640,43 Euro
- Mülheim an der Ruhr 643,90 Euro
- Lünen 647,31 Euro
- Bielefeld 651,63 Euro
- Oberhausen 652,38 Euro
- Düren 657,13 Euro
- Herne 659,35 Euro
- Neuss 663,98 Euro
- Witten 671,67 Euro
- Gelsenkirchen 675,73 Euro
- Recklinghausen 675,75 Euro
- Krefeld 679,62 Euro
- Bonn 679,87 Euro
- Bergisch Gladbach 682,86 Euro
- Solingen 725,56 Euro
- Moers 766,80 Euro
- Wuppertal 805,25 Euro
- Essen** 828,68 Euro (**Ein Teil des Kostenanstiegs entsteht durch den nun berücksichtigten Kanalbaubeitrag, der im 2020er-Ranking unberücksichtigt blieb)
- Mönchengladbach 985,1 Euro
Mönchengladbach begründet Gebühren mit Weitläufigkeit der Stadt
Ein Sprecher der Stadt Mönchengladbach begründete die vergleichsweise hohen Abwassergebühren in der NRW-Kommune mit der Weitläufigkeit des Stadtgebiets. Für die Nutzung des 1400 Kilometer langen Kanalsystems müssten rund 270 000 Bürgerinnen und Bürger aufkommen. In Düsseldorf verteilten sich hingegen 1650 Kilometer Kanalnetz auf 612 000 Menschen, also auf viel mehr Gebührenpflichtige. Außerdem wies der Stadtsprecher darauf hin, dass Mönchengladbach sein Kanalnetz in den vergangenen Jahren wegen der Erschließung neuer Wohngebiete deutlich erweitert und das bestehende Netz saniert oder modernisiert habe. Hinzu kämen Kosten für Projekte zum Schutz vor den Folgen von Starkregenereignissen und die Inflation.
Der vierköpfige Musterhaushalt lebt auf einer Wohnfläche von 120 Quadratmetern und auf einem 200 Quadratmeter großen Grundstück, der Wasserverbrauch liegt mit 125 Litern pro Tag im bundesweiten Schnitt.
Einige NRW-Stadtsprecher verweisen auf Investitionen
Von den 36 NRW-Städten haben 23 ihre Abwassergebühren oder -beiträge in den vergangenen drei Jahren der Studie zufolge erhöht, dies teilweise sehr deutlich. So schnellte der Wert in Düren um 140 Euro auf 657 Euro in die Höhe. Ein Stadt-Sprecher begründete dies mit „erheblichen Investitionen“. Es ging aber auch anders, wie das Beispiel Gütersloh zeigt: Diese Stadt reduzierte ihre jährlichen Abwassergebühren seit 2020 um 99 Euro auf 482 Euro.
Die Sprecher verschiedener Städte betonten, dass die Gebühren kostendeckend sein müssten und dass man sich an strenge rechtliche Vorgaben halte. Wie ihr Pendant aus Düren begründete eine Essener Sprecherin das relativ teure Abwasser mit hohen Investitionen. Für 2024 rechnet sie mit einer leichten Absenkung der Gebühren.
Haus und Grund Verbandsdirektor hält Preisunterschiede für zu groß
Eine Wuppertaler Stadtsprecherin erklärte den relativ hohen Wert in ihrer Kommune unter anderem mit dem aufwendigen Ausbau eines sogenannten Getrenntwassersystems, bei dem jeweils zwei Kanäle verlegt werden - einer für Regenwasser und einer für Schmutzwasser. Der Untergrund sei felsig und steinig, was die Kanalverlegung teuer mache. Besonderen Aufwand mache zudem der Höhenunterschied von bis zu 200 Metern zwischen Tallage und höher gelegenen Stadtteilen. Eine Senkung der Gebühren sei nicht möglich, so die Stadtsprecherin.
Der Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland Westfalen, Erik Uwe Amaya, räumte zwar ein, dass äußere Rahmenbedingungen wie etwa die Topographie, die Dimensionierung der Kanäle, das Alter des Kanalnetzes und Hochwasserschutzmaßnahmen ihren Anteil daran hätten, wie die Gebühren ausfielen. „Die beobachteten Preisunterschiede sind aber zu groß, um sie allein auf diese lokalen Besonderheiten zurückführen zu können“, sagt er und forderte die Städte auf, ihre Gebühren zu untersuchen und Einsparpotenziale zu heben. (dpa)