Düsseldorf. Laut einem Urteil sollten die Abwassergebühren sinken. Tatsächlich bleiben sie in etwa gleich. Der Steuerzahlerbund zieht vor Gericht.
Der Bund der Steuerzahler NRW geht erneut juristisch gegen die aus seiner Sicht zu hohen Abwassergebühren vor. „Wir streben ein Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster an“, sagte Steuerzahlerbund-Chef Rik Steinheuer dieser Redaktion.
Wie kann es sein, dass mancherorts die Gebühren sogar steigen?
Er wirft den Städten und dem Land NRW vor, ein Urteil des OVG vom Mai 2022 einfach zu ignorieren. Die Richter hatten damals in einem vom Steuerzahlerbund unterstützten Verfahren die Abwassergebühren in Oer-Erkenschwick als überhöht kritisiert und Korrekturen gefordert. Dennoch stellen viele Bürgerinnen und Bürger jetzt beim Blick in die Gebührenbescheide fest, dass Abwasser nicht billiger und in einigen Städten sogar noch teurer geworden ist.
In Gelsenkirchen steigt zum Beispiel die Gebühr für Schmutzwasser je Kubikmeter von 2,78 auf 2,93 Euro und die Gebühr für Niederschlagswasser je Quadratmeter von 1,32 auf 1,41 Euro. Auch Bochum und Düsseldorf drehen leicht an der Gebührenschraube. In Dortmund bleiben die Gebühren fast unverändert, in Essen und Gladbeck sinken sie etwas.
Die erhoffte große Ersparnis bei den Gebühren bleibt also aus. Dabei hatte das Gericht im Fall Oer-Erkenschwick erklärt, die Gebühren seien dort 18 Prozent zu hoch. Die veranschlagten Zinsen seien unrealistisch, und die Art der Abschreibung von Kläranlagen und Kanälen benachteilige einseitig die Gebührenzahler.
Kritik am "Nichtanwendungsgesetz" des Landes NRW
Das Land NRW hat den Städten inzwischen mit einem neuen Gesetz dabei geholfen, in etwa so viele Abwassergebühren zu kassieren wie vor dem Urteil. Es gibt zwar leichte Korrekturen bei der Verzinsung und Abschreibung. Das Ziel ist aber eindeutig: Die Städte sollen keine Probleme bei der Finanzierung der teuren Abwasseranlagen bekommen.
„Das Land missachtet das OVG-Urteil mit einem Nichtanwendungsgesetz“, sagte Markus Berkenkopf, Experte für Kommunalhaushalte beim Steuerzahlerbund, dieser Zeitung. Der Verband Wohneigentum NRW schließt sich der Kritik an. „Die Hoffnung auf angemessene Abwassergebühren ist dahin“, meint Verbands-Vorsitzender Peter Preuß.
Vorwurf: Mit Gebühren würden Haushaltslöcher gestopft
Sowohl der Steuerzahlerbund als auch die Immobilienbesitzer werfen einigen Städten vor, die Erträge aus den Abwassergebühren zu nutzen, um Haushaltslöcher zu stopfen. Das sei aber nicht erlaubt. Eine Gebühr sei immer mit dem Zweck verbunden, in diesem Fall mit den Abwasseranlagen.
NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) erinnert an die hohen Kosten, die das im Schnitt 56 Jahre alte Kanalnetz verursache. Allein in NRW würden dafür im Jahr 1,5 Milliarden Euro fällig. Das neue Gesetz gebe den Städten die „Rechtssicherheit“, die sie benötigten.
Abwasser in Düsseldorf viel billiger als in Essen
Auffällig ist, dass sich die Abwassergebühren in NRW von Stadt zu Stadt stark unterscheiden. In Essen musste zum Beispiel im vergangenen Jahr ein „Musterhaushalt“ aus vier Personen mehr als doppelt so viel bezahlen wie ein Haushalt in Düsseldorf: 921 statt 431 Euro.