Düsseldorf. Der Steuerzahlerbund beklagt, dass trotz steigender Lebenshaltungskosten Sparmöglichkeiten nicht genutzt werden.

Millionen Haushalte in Nordrhein-Westfalen werden von ihren Kommunen bei Müll- und Abwassergebühren deutlich stärker zur Kasse gebeten als notwendig. Gerade in Zeiten allgemein steigender Lebenshaltungskosten sei es nicht länger hinnehmbar, dass die Bürger zum Teil überhöhte Rechnungen von mehreren Hundert Euro pro Jahr zahlen müssten, kritisierte der Steuerzahlerbund NRW am Donnerstag bei der Vorstellung des jährlichen Abgabenvergleichs.

Die Müllgebühren sind durchschnittlich gegenüber dem Vorjahr zwar lediglich um zwei bis drei Prozent gestiegen, doch die lokalen Unterschiede bleiben erheblich. Vor allem der Abfuhrrhythmus, auf den die Bürger vielerorts keinen Einfluss haben, bestimme die Kosten. So zahle ein Musterhaushalt mit vier Personen für die wöchentliche Leerung der Restmülltonne im Schnitt 382 Euro pro Jahr, bei 14-täglicher Abfuhr hingegen nur 278 Euro und bei monatlicher 214 Euro.

Wahlfreiheit bei Tonnengröße und Abfuhrrhythmus gefordert

„Unsere zentrale Forderung bleibt die Wahlfreiheit bei Tonnengröße und Abfuhrrhythmus“, sagte Rik Steinheuer, Vorsitzender des Steuerzahlerbundes NRW. Es sei teuer und ökologisch unsinnig, unabhängig von der tatsächlichen Abfallmenge den Restmüll zwangsweise in großen Tonnen wöchentlich abzuholen. Steinheuer appellierte vor allem an Großstädte wie Köln, Düsseldorf, Essen, Mülheim, Bottrop oder Gelsenkirchen, zumindest auf einen 14-tägichen Turnus umzustellen. Damit ließe sich der Geldbeutel der Bürger schonen und ein größerer Anreiz zur Mülltrennung schaffen.

Bislang fällt die Gestaltung der Abfallwirtschaft in die kommunale Selbstverwaltung. Der Steuerzahlerbund forderte jedoch die neue schwarz-grüne Landesregierung auf, gegebenenfalls gesetzliche Schritte zu prüfen. Die Einsparmöglichkeiten sind offenbar beträchtlich. So würden sich laut Steuerzahlerbund zum Beispiel in Essen die Müllkosten für einen Musterhaushalt mehr als halbieren lassen, wenn eine kleinere Tonne und ein 14-täglicher Rhythmus gewählt werden könnten.

Urteil zu Abwassergebühren mit Signalwirkung

Die teuersten Kommunen über alle Tonnenarten mit verpflichtender wöchentliche Restmüllabfuhr sind Köln (503 Euro), Düsseldorf (436) und Essen (418), die günstigsten Wuppertal (278) und Gelsenkirchen (287). Landesweit am besten kommt man bei den Müllkosten bei nur vierwöchentlicher Restmüllabfuhr in Elsdorf im Rhein-Erft-Kreis (116 Euro) weg.

Überhöhte Abwassergebühren beklagt der Steuerzahlerbund derweil in zahlreichen NRW-Kommunen. Hintergrund ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts von Mitte Mai, das nach jahrelangem Streit erstmals Leitplanken für die Berücksichtigung von Zinsen für die Abwasserinfrastruktur in den Gebührenbescheiden eingezogen hatte. In dem Musterprozess, der sich am Beispiel der Stadt Oer-Erkenschwick entzündet hatte, stellte das Gericht klar, dass bei der Kalkulation nur noch marktübliche Zinsen eingerechnet werden dürfen.

Der Steuerzahlerbund hatte immer wieder kritisiert, dass die Kommunen selbst in der langen Niedrigzinsphase den Bürgern noch üppige rund sechs Prozent Kreditkosten für ihre Anlagen in Rechnung stellten. Die Richter stellten klar, dass Oer-Erkenschwick auf diesem Wege von sechs Millionen Euro Gesamteinnahmen etwa eine Million zu Unrecht kassiert hatte. Nach Einschätzung der Steuerzahlerbundes haben auf diesem Wege etwa die Hälfte aller NRW-Kommunen um bis zu 18 Prozent überhöhte Abwassergebührenbescheide verschickt.

In Reken im Münsterland ist es besonders günstig

Steinheuer sprach von „schreiendem Unrecht“ und forderte die rasche Rückzahlungen und angepasste Abschläge für das kommende Jahr. Es könne nicht angehen, dass Gebührenzahler auf Umwegen für die kommunalen Haushalte herangezogen würden. Bislang seien noch keine Rückzahlungen erfolgt, kritisierte der Rechtsanwalt des Steuerzahlerbundes, Wilhelm Achelpöhler. Nicht einmal die vom Urteil originär betroffenen Bürger aus Oer-Erkenschwick oder Haushalte, die vorsorglich Widerspruch eingelegt hatten, hätten bis heute einen Cent erstattet bekommen. Deshalb will man nun über ein sogenanntes Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht den Druck weiter erhöhen.

Die Städte ziehen sich bislang darauf zurück, dass nach dem rechtskräftigen Urteil erst neue Gebührenbescheide berechnet werden müssten. Außerdem habe Oer-Erkenschwick ja noch beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt.

Im NRW-Schnitt schlugen die Abwasserkosten für einen Vier-Personen-Haushalt mit 743 Euro zu Buche und blieben im Vorjahresvergleich weitgehend stabil (plus 1 Prozent). Die Unterschiede zwischen den Kommunen sind jedoch gewaltig. In Reken im Kreis Borken zahlt man mit rund 287 Euro am wenigsten, in Monschau mit 1356 Euro am meisten. Auch bei den Großstädten gibt es eine große Spreizung zwischen Essen (921 Euro), Duisburg (695), Hagen (663) oder Dortmund (627) und Düsseldorf (431) und Köln (473).