Essen. Die Städte in NRW haben neuerdings die Möglichkeit, Taxipreise flexibel anzupassen. Das gefällt nicht jedem. Wieso das Ganze ein Streitthema ist.
Mehr Flexibilität bei den Preisen soll der Taxibranche in Zeiten von Corona und sinkenden Fahrgastzahlen helfen. Während Vermittlungsplattformen die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes befürworten, gibt es aus der Branche Kritik. In den Städten Nordrhein-Westfalens ist das Thema bis jetzt noch nicht bis in die Räte durchgedrungen, allerdings beschäftigen sich die Verwaltungen zunehmend damit.
„Das Thema ist auch für uns interessant“ so ein Sprecher der Stadt Essen. Demnach haben die Kommunen nun etwa die Möglichkeit, Regelungen über Mindest- und Höchstpreise festzulegen oder für bestimmte Wegstrecken und Korridore Festpreise vorzugeben. Das sei allerdings eine Kann-Bestimmung und es gebe noch viel Abstimmungsbedarf.
Reform gibt mehr Freiheiten für Vermittlungsplattformen
Zudem dürfen durch die Reform des Gesetzes nun auch offiziell Unternehmen wie „Uber“, „Free Now“ oder „Clevershuttle“ ihre Fahrdienste anbieten. Zuvor war das nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich. Die Vermittlungsplattform „Free Now“ war es auch, die den Ruf nach flexiblen Taxipreisen bereits Anfang des Monats in den Fokus gerückt hat. „Durch ein Absenken der Preise in bestimmten Zeiten lassen sich mehr Fahrgäste gewinnen. Das bietet der Taxibranche neue Chancen“, sagt Deutschland-Chef Alexander Mönch.
Während „Free Now“ hier also eine Chance in der Krise sieht, kritisiert der Präsident des deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, Michael Müller, die Novellierung des Personenförderungsgesetzes. „Wir haben durch Corona Einbrüche bis zu 90 Prozent, weil einfach die Fahrgäste fehlen. Da helfen auch keine Rabatte auf die Taxitarife. Feste Taxitarife sind effektiver Verbraucherschutz.“ Wer den Städten eine Senkung der Tarife schmackhaft machen wolle, schlage danach eine Erhöhung zu Spitzenzeiten vor.
Auf Anfrage dieser Redaktion entgegnet „Free Now“, dass der Verbraucher durch die neuen Regelungen eine Preissicherheit habe. „Die Fahrgäste bekommen zum Zeitpunkt der Bestellung einen verbindlichen Fahrpreis angezeigt. Das macht das Taxifahren attraktiver“, so ein Unternehmenssprecher.
Deutscher Taxiverband kritisiert Vorpreschen von „Free Now“
Rückkehrpflicht für Fahrdienste
Im Gegensatz zum Taxi müssen Fahrzeuge von „Uber“ oder „Free Now“ nach einer Fahrt immer wieder zur Zentrale zurückkehren, bevor der nächste Auftrag angenommen wird. So dürfen Fahrgäste, die am Straßenrand winken, nur vom Taxi mitgenommen werden, nicht aber von den Fahrdiensten.Zudem ist auch das Recht, etwa an Flughäfen oder Clubs auf Fahrgäste zu warten lediglich Taxen vorbehalten.
Dass aber ausgerechnet eine Vermittlungsplattform auf die Städte zugeht, um über flexible Preise zu diskutieren, stößt dem Deutschen Taxi- und Mietwagenverband sauer auf. Bisher bestimmen die Kommunen in Absprache mit dem Taxigewerbe die Preise. Dabei orientieren sie sich an der Tarifentwicklung im öffentlich Personennahverkehr, zu dem auch die Taxis gehören. „Es stellt sich die Frage, wessen Interessen Free Now vertreten will? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Interessen seiner Eigentümer Daimler und BMW“, kritisiert Verbandspräsident Müller. „Free Now“ vertrete jedoch in keinem Fall das Gewerbe.
„Wir sind zwar Teil des Joint Ventures zwischen BMW und Daimler, sind dabei aber völlig autark“, teilt „Free Now“ mit. Zudem habe es von einigen Taxiunternehmen bereits positive Rückmeldungen bezüglich der flexiblen Preisgestaltung gegeben. „Wir stehen permanent im guten Kontakt mit den Städten und Kommunen - unter anderem auch in NRW. Wir gehen jederzeit in den Dialog und unterstützen mit unserer Expertise“, heißt es weiter.
Duisburg setzt sich mit flexiblen Taxipreisen auseinander – Kritik gibt es aus Dortmund
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Auch die Stadt Duisburg beschäftigt sich mit dem Thema. „Die Verwaltung wird sich mit den neuen Möglichkeiten des novellierten Personenbeförderungsgesetzes auseinandersetzen und bei Bedarf von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen“, so ein Stadtsprecher. Zudem würde unabhängig davon derzeit eine überarbeitete Tarifverordnung auf den Weg gebracht werden.
Kritischer sieht man das Ganze in Dortmund. „Es ist zu befürchten, dass die Hauptintention des Plattformbetreibers nicht die Rettung des Taxigewerbes ist, sondern die Angleichung der Taxipreise an die jetzt schon frei verhandelbaren Mietwagenpreise“, so ein Sprecher der Stadt. Ein Ende der Diskussion um flexible Taxipreise ist somit nicht in Sicht. Der Kampf zwischen Vermittlungsplattformen und Taxiunternehmen auf der Straße geht weiter.