Essen. Taxizentralen und Uber sprechen von bis zu 80 Prozent weniger Fahrten während der Krise. Eine rasche Rückkehr zur Normalität ist nicht in Sicht.
Umsatz ist für Ralph Franzolet in diesen Tagen mitunter Glückssache. Wann immer der Duisburger Taxiunternehmer mit seinem Wagen ganz vorne in der Schlange am Bahnhof steht, macht er ein gutes Geschäft. Doch abgesehen davon steht sein Telefon noch häufig still. Franzolet kämpft immer noch mit den Folgen des Corona-Lockdowns. Etwa 70 Prozent weniger Fahrgäste und dementsprechend weniger Umsatz hatte er in den letzten Wochen und Monaten. Wie Franzolet geht es vielen Taxiunternehmern in NRW: Sie erlebten Umsatzeinbrüche und sehen noch keine schnelle Rückkehr zur Normalität – wünschen sich aber keine Preiserhöhung.
Tahir Akbas ist zweiter Vorsitzender der städtischen Taxizentrale Taxi Dortmund, die stadtweit Fahrten für 214 Unternehmen vermittelt. Er berichtet von bis zu 80 Prozent weniger Fahrten während der Krise. Durch den Shutdown des öffentlichen Lebens seien auch die Fahrgäste weggeblieben: „Hotels und Restaurants waren geschlossen, der Flughafen war fast komplett dicht, Büros sind auf Homeoffice umgestiegen und die Menschen haben nicht zwingend notwendige Arztbesuche verschoben“, sagt Akbas.
Auch Taxi-Konkurrent Uber erlebt einen massiven Einbruch der Nachfrage
Taxi Duisburg spricht ebenfalls von einem Fahrtenrückgang von bis zu 70 Prozent. Taxi Essen findet, mit Rückgängen um bis zu knapp 60 Prozent sogar noch gut weggekommen zu sein. Noch stärker hat es den Taxi-Konkurrenten Uber getroffen, der in NRW in Köln, Düsseldorf und Duisburg seinen Service anbietet. „Wir haben einen starken Einbruch der Nachfrage erlebt“, sagt Uber-Sprecher Tobias Fröhlich. Bis zu 80 Prozent sei die Nachfrage zurückgegangen. Uber arbeitet in Deutschland mit Mietwagenfirmen zusammen, die Fahrer sind bei diesen Firmen angestellt. „Viele unserer Partner haben ihre Angestellten in Kurzarbeit geschickt“, so Fröhlich.
Ralph Franzolet hat seinen acht Mitarbeitern freigestellt, ob sie arbeiten oder in Kurzarbeit gehen wollen. In der schwierigsten Phase war er allein mit einem seiner drei Taxis unterwegs. „Obwohl ich da eigentlich mehr gestanden als gefahren bin“, sagt er. An manchen Tagen habe er nur drei oder vier Fahrgäste gehabt. Vor allem ältere Menschen, die vor der Krise einen großen Teil seiner Kundschaft ausgemacht hätten, seien weggeblieben.
Langsam geht es bergauf, an Fahrgastzahlen wie vor der Krise ist aber nicht zu denken
Mit zunehmenden Lockerungen der Corona-Beschränkungen geht es nun langsam wieder bergauf – von einer schnellen Rückkehr zur Normalität mag aber keiner sprechen. Bei Taxi Dortmund bewegte sich die Zahl der Fahrten zuletzt auf einem Niveau von 60 Prozent weniger als zu normalen Zeiten, Taxi Essen und Taxi Duisburg sprechen für den Mai von einem rund 40 Prozent geringerem Fahrgastaufkommen als gewöhnlich. Akbas betont, dass viele Betriebe immer noch im Homeoffice arbeiteten, sodass weniger Geschäftsleute unterwegs seien. Und: „Dortmund ist eine Fußballstadt. Aber jetzt fallen auf lange Zeit die Fahrten zum Stadion weg.“
Michael Rosmanek, Vorstandsvorsitzender von Taxi Essen, gibt außerdem zu bedenken, dass nun die Sommerferien vor der Tür stünden – generell eine schwierige Zeit für das Taxigewerbe. Ein weiteres Problem: Weil Clubs und Bars bisher noch geschlossen sind, fehlen die Nachtschwärmer, die sich sonst mit dem Taxi nach Hause bringen lassen. „Nachts haben wir teilweise Einbrüche von 90 Prozent“, berichtet Frank Wittig, Vorstandsmitglied von Taxi Duisburg.
„Viele Taxiunternehmer haben immer noch Existenzängste“
Die Corona-Soforthilfe habe viele vor dem Schlimmsten bewahrt, sagt Wittig. Wie andere Solo-Selbstständige und Unternehmen konnten Taxiunternehmer die ab März für drei Monate angelegte Unterstützung beantragen, wenn zum Beispiel mehr als die Hälfte ihrer Aufträge durch die Corona-Krise wegfielen. Antragsberechtigte mit bis zu fünf Beschäftigten erhielten 9000 Euro zur Deckung ihrer Fixkosten, für Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten gab es 15.000 Euro. Nach Auslauf der Soforthilfe müssen Taxiunternehmer ihre Wirtschaftlichkeit nun wieder selbst sicherstellen.
Man werde vermutlich einige Kollegen vom Markt verschwinden sehen, sagt Wittig: „Der selbstfahrende Einzelunternehmer kann wahrscheinlich länger überbrücken als der Unternehmer mit 15 Autos.“ Akbas sieht das ähnlich – und betont: „Viele Taxiunternehmer haben immer noch Existenzängste. Wenn es eine zweite Infektionswelle gibt, weiß ich nicht, was wir machen sollen.“
Geht es um Forderungen an die Politik, sind die Taxiunternehmer jedoch zurückhaltend. Eine weitere Preiserhöhung beim Taxitarif wünscht sich keiner von ihnen. „Das wäre kontraproduktiv, jetzt, wo die Leute sowieso schon weniger Geld in der Tasche haben“, so Wittig. Rosmanek findet: „Die Politik hat gut reagiert und getan, was nötig war.“
Weitere finanzielle Unterstützung könnte Taxiunternehmern helfen
Was sonst helfen kann? Akbas empfiehlt Kollegen etwa, auf den Großraumzuschlag zu verzichten, um mehr Kunden anzulocken. Er würde es außerdem begrüßen, wenn Taxiunternehmer nach der ersten Corona-Soforthilfezahlung noch eine weitere Unterstützung erhalten würden. Eine Patentlösung für die Probleme des Taxigewerbes gibt es aber nicht. Am meisten wünsche er sich, sagt Ralph Franzolet, dass die Leute einfach wieder zu einer vorsichtigen Normalität zurückkehrten.